Ann „Annie“ Lennox, OBE (* 25. Dezember 1954 in Aberdeen, Schottland) ist eine britische Sängerin, Songwriterin und Oscar-Preisträgerin. An der Seite von Dave Stewart wurde sie als Sängerin des Pop-Duos Eurythmics bekannt, das in den 1980er Jahren eine Reihe von weltweiten Hits wie Sweet Dreams (Are Made of This), Here Comes the Rain Again und There Must Be an Angel (Playing with My Heart) hatte. Nach der Trennung der Eurythmics startete sie Anfang der 1990er Jahre ihre erfolgreiche Solokarriere.
Bereits im Alter von vier Jahren entdeckten ihre Eltern die Begabung ihres einzigen Kindes für Poesie, Musik und Zeichnen. Schon früh lernte Annie Lennox Klavier und Flöte spielen, sie sang im Chor und nahm Tanzstunden. Mit 17 Jahren ging sie nach London, um an der Royal Academy of Music klassische Musik mit Schwerpunkt Flöte zu studieren. Kurz vor den Abschlussprüfungen brach sie das Studium ab und verdiente ihren Lebensunterhalt fortan mit Gelegenheitsjobs als Kellnerin oder als Aushilfe in Buchhandlungen. Abends zog sie mit verschiedenen Musikern durch die Pubs und Clubs der britischen Hauptstadt, allerdings ohne festes Engagement als Sängerin.
Kurzzeitig versuchte sie sich zusammen mit Joy Dey als Kabarettistin. Das Duo mit dem Namen Stocking Tops brachte es allerdings auf nur einige mäßig erfolgreiche Auftritte. 1976 lernte Lennox in einem Restaurant, in dem sie als Kellnerin jobbte, Dave Stewart kennen, der sie direkt fragte: „Willst du mich heiraten?“ Sie wurden ein Paar und arbeiteten fortan musikalisch in der Formation The Catch zusammen, die sich 1978 in The Tourists umbenannte. Diese bestand aus Dave Stewart, Peet Coombes, einem alten Freund von Stewart, Annie Lennox als Sängerin und weiteren Musikern. Die Band hatte mit ihren vom Punk beeinflussten Popsongs ein paar Erfolge in Großbritannien. Sie veröffentlichte drei Alben und konnte zwei Hitsingles, So Good to Be Back Home Again und das Dusty-Springfield-Cover I Only Want to Be with You in den britischen Singlecharts verbuchen. Die Band trennte sich aufgrund musikalischer Differenzen und Problemen mit der Plattenfirma.
Stewart und Lennox, obwohl privat nicht mehr liiert, arbeiteten weiter zusammen und veröffentlichten als Eurythmics 1981 ihre erste Platte. Das erste Eurythmics-Album In the Garden (1981) und die daraus ausgekoppelten Singles waren kommerziell nicht erfolgreich. Erst mit Sweet Dreams (Are Made of This) gelang Stewart und Lennox im Frühjahr 1983 der weltweite Durchbruch. Weitere Hits wie Love Is a Stranger, Who’s That Girl?, Here Comes the Rain Again, Sexcrime (Nineteen Eighty-Four) (aus dem Film 1984), There Must Be an Angel (Playing with My Heart) oder Sisters Are Doing It for Themselves im Duett mit Aretha Franklin folgten und prägten den Sound der 1980er Jahre mit. Weltweit konnten die Eurythmics 80 Millionen Tonträger absetzen.
Während der introvertierte Stewart sich vor allem in der Anfangsphase der Eurythmics oftmals in den Hintergrund stellte, stilisierte sich Lennox als androgynes Wesen mit raspelkurzem, karottenrotem Haar in strenger Männerkleidung, das mit Gender-Rollen spielte. Später zeigte sie sich auch betont weiblich, beispielsweise als Vamp mit platinblonder Perücke.
Gegen Ende der 1980er Jahre gingen Stewart und Lennox oftmals auch musikalisch getrennte Wege. So wurde Stewart, der vermehrt ins Rampenlicht strebte, als Produzent für andere Künstler tätig, während Lennox sich immer mehr ins Privatleben zurückzog. Allerdings schob sie auch ihre Solokarriere an. Sie veröffentlichte im Herbst 1988 zusammen mit Al Green das Stück Put a Little Love in Your Heart – ein Beitrag für den Film Die Geister, die ich rief. Nachdem das Eurythmics-Album Savage (1987) schon nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen konnte, war dann We Too Are One (1989) das letzte gemeinsame Werk des Duos, dem im Frühjahr 1991 eine Greatest-Hits-Sammlung folgte.
Erst 1999 nahm sie mit Dave Stewart ein weiteres Eurythmics-Album, Peace, auf. Dem Album und der Single I Saved the World Today folgte die weltweite 'Peacetour', deren Einnahmen an Greenpeace und Amnesty International gingen. Im November 2005 veröffentlichten Stewart und Lennox mit Ultimate Collection eine zweite Best-of-Platte der Eurythmics. Diese enthält neben den größten Hits auch zwei neue Titel, darunter die Singleauskopplung I've Got a Life.
Am 9. Februar 2014 trat Lennox gemeinsam mit Stewart bei dem Tribute-Konzert The Night That Changed America: A Grammy Salute to The Beatles mit dem Beatles-Song The Fool on the Hill in Los Angeles auf.
Mit der Veröffentlichung ihres Albums Diva im April 1992 gelang Lennox ein weltweiter Erfolg als Solokünstlerin. Das von Kritikern gelobte Album enthielt zahlreiche Hits, darunter Why und Walking on Broken Glass (beide 1992). Die fünfte Singleauskopplung aus Diva, ein Remix des Albumtracks Little Bird (1993), enthielt mit Lovesong for a Vampire einen Song aus dem Soundtrack zu Francis Ford Coppolas Film Bram Stoker’s Dracula. 1993 wurde Annie Lennox mit einem BRIT Award für Diva in den Kategorien Bestes britisches Album und Beste britische Solokünstlerin geehrt.
Im Februar 1995 erschien ihr zweites Soloalbum Medusa, das eine Sammlung von Coverversionen ihrer persönlichen Lieblingslieder von Künstlern wie Petula Clark, Paul Simon oder Procol Harum ist. Es enthält unter anderem die britische Hitsingle No More ‘I Love You’s’ sowie eine Neuauflage des Klassikers A Whiter Shade of Pale. Zu der Zeit erschien auch der Soundtrack zum Kinofilm Apollo 13, an dem sie mit dem Stück Dark Side Of The Moon und bei der Abspannmusik beteiligt war.
Im Juni 2003 veröffentlichte Lennox mit Bare ein neues Album, von dem es in Europa keine Singleauskopplungen gab; Remixe von Pavement Cracks (2003), 1000 Beautiful Things und Wonderful (beide 2004) schafften jeweils den Sprung auf Platz 1 der US Dance-Charts. Nach dem Erscheinen von Bare ging Annie Lennox 2003 zum ersten Mal solo auf Tour; 2004 absolvierte sie mit Sting eine erfolgreiche Tour durch die USA.
Für den dritten Teil der Herr-der-Ringe-Filmtrilogie, Die Rückkehr des Königs, steuerte Lennox den von Howard Shore komponierten und Fran Walsh geschriebenen Titelsong Into the West bei. Der Song wurde sowohl mit einem Golden Globe als auch mit dem Oscar für den besten Filmsong ausgezeichnet.
Am 2. Juli 2005 trat Annie Lennox zusammen mit vielen anderen Stars bei Live 8 im Londoner Hyde Park auf. Die Sängerin ist ebenso wie Sting, Carlos Santana und andere namhafte Künstler auf dem im September 2005 erschienenen Album Possibilities des Jazz-Musikers Herbie Hancock als Gastmusiker zu hören. Ihr Song Hush Hush Hush, eine Paula-Cole-Coverversion, wurde von der Kritik als Höhepunkt des Albums gefeiert.
Am 28. September 2007 erschien ihr Soloalbum Songs of Mass Destruction. Bei dem feministisch motivierten Titel Sing sind einige der bekanntesten Sängerinnen der Welt zu hören: Madonna, Melissa Etheridge, Céline Dion, Sugababes, Dido, Anastacia, Gladys Knight, K. D. Lang, Pink, Angélique Kidjo, Bonnie Raitt, Shakira, Sarah McLachlan, Fergie, Beverley Knight, Faith Hill, Martha Wainwright, Joss Stone, KT Tunstall, Shingai Shoniwa, Beth Gibbons, Isobel Campbell und Beth Orton.
Im April 2008 stieg der Song Many Rivers to Cross, den sie bei American Idol Gives Back gesungen hat, auf Platz 80 in die US-Single-Charts ein – allein durch die zahlreichen Downloads bei iTunes. 2008 arbeitete sie auch mit Till Brönner zusammen. Auf dessen Album Rio ist sie als Gastmusikerin mit Milton Nascimento in dem Song Mistérios (Mysteries) zu hören.
Im März 2009 wurde ihr erstes Greatest-Hits-Album veröffentlicht, The Annie Lennox Collection. Neben Material aus ihrer bisherigen Solokarriere enthält es drei Coverversionen: A Whiter Shade of Pale von Procol Harum, Shining Light von Ash und Closer Now von Keane. Mit The Annie Lennox Collection kehrte sie zu den Höhepunkten ihres Erfolgs zurück. In Großbritannien war das Best-of-Album mehrere Wochen in den Top 10, in Italien gab es Gold. Lennox promotete ihr Album in zahlreichen TV-Shows und auf mehreren Festivals auf der ganzen Welt. 2009 nahm sie mit dem britischen Musiker David Gray das Duett Full Steam auf. Obwohl sie sich als „nicht religiös“ bezeichnet, veröffentlichte sie 2010 ein Album mit Weihnachtsliedern.
Zum Film Fifty Shades of Grey trug Annie Lennox 2014 den Song I Put a Spell on You, im Original von Screamin’ Jay Hawkins, bei.
Annie Lennox ist seit Jahren Botschafterin der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam und hat sich maßgeblich für die Kampagnen I'm In und Make Poverty History eingesetzt. Seit 2007 ist sie offizielle Botschafterin der Hear the World Foundation; sie hilft dabei, die Öffentlichkeit auf die Bedeutung des Gehörsinns aufmerksam zu machen. 2008 erhielt sie „für ihr langjähriges humanitäres Engagement“ den Sonderpreis des Deutschen Nachhaltigkeitspreises. Sie setzt sich zudem für die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien ein, weil sie sich davon mehr „Umweltfreundlichkeit und hohe moralische Werte“ verspricht.
Auf einer Pressekonferenz am 2. Januar 2009 verurteilte Annie Lennox gemeinsam mit weiteren Prominenten wie Bianca Jagger und Ken Livingstone die israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen. Sie unterstützt die Boycott, Divestment and Sanctions Kampagne durch kulturellen Boykott.
Im Jahr 2008 erhielt Annie Lennox den „Special Achievement Award“ des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in Düsseldorf. Auf dem 10. Weltgipfel der Friedensnobelpreisträger erhielt sie den Friedensgipfel-Preis 2009.
Für ihren Einsatz bei der HIV-Aufklärung verlieh ihr GQ am 29. Oktober 2010 den Sonderpreis für Engagement im Rahmen der Abendgala in der Komischen Oper in Berlin.
Im selben Jahr wurde Lennox für ihr Engagement im Kampf gegen Hunger und Aids in Afrika von Queen Elisabeth zum Officer des Order of the British Empire (OBE) ernannt.
Der Rolling Stone listete Lennox 2008 auf Rang 93 der 100 besten Sänger aller Zeiten.
Ihre Mutter Dorothy war vor Annies Geburt Köchin, ihr Vater Tom arbeitete auf der Aberdeener Werft Hall, Russell & Company als Schlosser; beide Eltern starben an Krebs.
Nach der Liaison mit Dave Stewart noch vor Gründung der Eurythmics heiratete Lennox im März 1984 Radha Raman; bereits im Februar 1985 zerbrach die Ehe. Etwa Mitte der 1980er Jahre war Lennox zeitweise mit dem Musiker Robert Görl liiert. 1988 heiratete sie den israelischen Film- und Musikproduzenten Uri Fruchtmann, der eine Dokumentation über die Japan-Tour der Eurythmics drehte.
Im Dezember 1988 hatte Lennox eine Fehlgeburt. In Gedenken an das verlorene Kind veröffentlichte sie das Lied Angel auf dem Album We Too Are One. 1990 und 1993 kamen die beiden gemeinsamen Töchter mit Fruchtmann zur Welt. Im Jahr 2000 wurde die Ehe geschieden.