Belle Époque [bɛleˈpɔk] (frz. für „schöne Epoche“) ist die Bezeichnung für eine Zeitspanne von etwa 30 Jahren um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, hauptsächlich in Europa. Eine genaue Datierung kann nicht vorgenommen werden. Meist wird die Zeit von 1884 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 genannt. Für die Zeit vor der Jahrhundertwende ist auch der Begriff Fin de Siècle („Jahrhundertende“) gebräuchlich.
Auf den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 folgte eine ungewohnt lange Zeit des Friedens. Sie war die Grundlage für einen deutlichen Aufschwung von Wirtschaft und Kultur in den europäischen Kernländern Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Österreich-Ungarn.
Als wesentliche Triebkraft wirkte die zweite Welle der Industriellen Revolution, mit Schwerpunkten in der chemischen Industrie, der Elektrotechnik, der Stahlindustrie und im Verkehrswesen. An den Standorten der Fabriken wuchsen neue oder größere städtische Ballungsräume. Damit entstanden besondere Gesundheitsprobleme, aber auch neue Ansätze zu ihrer Lösung. Medizin und Hygiene machten Fortschritte, die Säuglingssterblichkeit ging zurück, die Lebenserwartung stieg. Die Haltung zur Arbeit änderte sich. In der Industrie rationalisierte man Herstellungsprozesse durch Arbeitsteilung, die Arbeit wurde eintöniger, aber nicht weniger anstrengend. Die Arbeiterschaft organisierte sich in Gewerkschaften und politischen Parteien, den Vorgängerparteien der Parti Socialiste (PS) in Frankreich, der Labour Party in England, der SPD in Deutschland und der SDAP in Österreich. Diese Organisationen gewannen bis 1914, trotz mancher Rückschläge, zunehmend Einfluss in ihren Heimatländern. Nachteile im Arbeitsleben wurden zumindest teilweise ausgeglichen durch einen allgemeinen Ertragszuwachs, an dem auch die Arbeiter selbst einen – relativ geringen – Anteil hatten; die Einkommen stiegen zeitweilig deutlich schneller als die Verbraucherpreise.
Die Menschen dieser Periode fühlten sich zweifellos in größerem Umfang als zuvor materiell gesichert und waren optimistisch hinsichtlich der politischen, technischen und kulturellen Aussichten. Es ist jedoch nicht angebracht, die Belle Époque nur als eine Zeit des uneingeschränkten Lebensgenusses und der allgemeinen gesellschaftlichen Sorglosigkeit zu sehen. Die große Zahl der Bauern und Landarbeiter hatte kaum Anteil an einer schönen Zeit, dasselbe gilt für die Masse der Industriearbeiter und kleinen Angestellten, die nach vielstündigen Arbeitstagen in die lichtarmen Hinterhofquartiere der schnell wachsenden Städte zurückkehrten.
Die Belle Époque ereignete sich im Wesentlichen auf den Boulevards der Metropolen, in den Cafés und Cabarets, den Ateliers und Galerien, den Konzertsälen und Salons, getragen von einem mittleren und gehobenen Bürgertum, das vom technischen und wirtschaftlichen Fortschritt am meisten profitieren konnte. In diesen Milieus allerdings war in wenigen Jahrzehnten eine erstaunliche, hochdynamische kulturelle Entwicklung zu beobachten. Obwohl sie sich gegen Widerstände, in Brüchen, mit Überschneidungen vollzog, konnten sich in diesem Zeitraum Kunst und Kultur – auch eine Kultur der unbeschwerten, öffentlichen Unterhaltung – besonders intensiv und vielfältig weiterentwickeln. Vor allem das hat der Epoche ihren glänzenden Namen gegeben.
Aufgrund der schon weit entwickelten Verkehrsnetze und sinkender Tarife, der vermehrten Freizeit (des Bürgertums) und der gestiegenen finanziellen Kapazitäten wurden Vergnügungsreisen immer attraktiver. Beliebte Reiseziele waren unter anderem die Weltausstellungen (Beginn 1851 in London). Eine besonders imposante Ausstellung fand 1889 in Paris statt: Der Eiffelturm war die Sensation; dieser konnte erst durch die Produktion von Stahl erbaut werden.
Auch immer mehr internationale Verbände wurden gegründet und die Zahl internationaler wissenschaftlicher Konferenzen nahm deutlich zu. Zudem wurden 1896 in Athen die ersten modernen Olympischen Spiele mit großem Erfolg durchgeführt.
Die Entwicklungslinie verlief
Behrens war 1907 Mitbegründer des Deutschen Werkbundes, dessen Anliegen eine durch Zweck, Material und Konstruktion bedingte Formgebung war; von hier führte eine direkte Verbindung zum Bauhaus, in dem die Maxime „form follows function“ des amerikanischen Architekten Louis Sullivan als Verzicht auf jegliches Ornament interpretiert wurde.
Früher als anderswo, schon in den 1860er Jahren, hatte in England eine Reformbewegung für das Kunsthandwerk begonnen, die später auf dem Kontinent aufgenommen wurde. Ihr Ziel war, Möbel und Wohnräume vom überladenen Dekor historischer Zitate zu befreien und einen neuen Stil zu finden. Auf Repräsentation sollte weniger Wert gelegt werden als auf die sachlichen Erfordernisse des Wohnens. Der deutsche Kunstpädagoge Alfred Lichtwark formulierte 1896: „Alle Kunstpflege muss im Hause beginnen“ und „Habe nichts in deinem Haus, das du nicht zweckmäßig findest oder für schön hältst.“
1895 fand in Berlin, veranstaltet durch die Gebrüder Skladanowsky, die weltweit erste verbürgte öffentliche Filmvorführung statt. Die Weiterentwicklung der Farblithographie, vor allem durch Jules Chéret und Henri de Toulouse-Lautrec in Paris, ermöglichte den preiswerten Druck attraktiver Plakate. Als „Kunst der Straße“, der man ästhetisch und sogar moralisch veredelnde Massenwirkung zutraute, riefen sie enthusiastisches Interesse hervor; in Frankreich vorübergehend auch eine weit verbreitete Sammelleidenschaft.
Auch die Mode, besonders die Damenmode, geriet in Bewegung; von victorianischem oder wilhelminischem Prunk nach 1900 auch allmählich zur Befreiung aus den Zwängen des Korsetts. In diese Zeit fällt auch die Bewegung zur Entwicklung einer Reformkleidung für Frauen, die sich aber lange nicht durchsetzen konnte.
Die Zeit eines weithin sorglosen Lebensgefühls endete spätestens mit Kriegsbeginn 1914. Man kann den Schlusspunkt aber auch schon 1912 setzen: Mit dem Untergang der Titanic ging symbolisch auch der naive Glaube an die Allmacht der Technik unter. Auch die erkennbaren Vorzeichen des neuen, großen Krieges trugen dazu bei, dass aus dem Vertrauen in die Zukunft, Unsicherheit und Angst wurden. Erste kritische Stimmen, etwa seitens der Lebensreform, hatte es jedoch auch schon vorher gegeben.
Insbesondere auf dem Gebiet der Physik kam es zu vielen neuen Erkenntnissen. An erster Stelle wäre die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen 1895 und des Radiums 1898 durch das Ehepaar Marie und Pierre Curie zu nennen. Es folgten die Quantentheorie (1900) von Max Planck und Albert Einsteins Relativitätstheorie (1905). 1911 leitete Ernest Rutherford aus Streuversuchen das Rutherford'sche Atommodell ab. Bereits zwei Jahre später – gestützt auf Rutherfords Erkenntnisse – stellte Niels Bohr sein Atommodell auf. Diese neuen Erkenntnisse widersprachen in mehreren Punkten der klassischen Physik, die von Isaac Newton (1643–1727) ausging.
Durch die Entwicklung verbesserter Mikroskope ab Mitte des 19. Jahrhunderts eröffnete sich die Sicht in die Mikrobiologie und der bedeutende Bakteriologe Robert Koch entdeckte den Tuberkulose- und Cholera-Erreger.
Dank Sigmund Freud, der 1890 die Psychoanalyse begründete, kam eine neue Sichtweise über die menschliche Psyche auf, die in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erfuhr.
Ebenfalls fiel in die Zeit um 1900 die Entstehung der Soziologie, deren Konsolidierung als wissenschaftliche Disziplin durch Personen wie Émile Durkheim, Georg Simmel und Max Weber vorangetrieben wurde.