Boy George (eigentlich George Alan O’Dowd; * 14. Juni 1961 in Bexleyheath, Gemeinde Bexley, heute London) ist ein britischer Sänger, Songwriter und House-DJ. Weltweite Bekanntheit erlangte Boy George in den frühen 1980er Jahren als Sänger der Band Culture Club. Auch aufgrund seines extravaganten Erscheinungsbildes und androgynen Kleidungsstils avancierte er zu einem der bekanntesten Pop-Idole der New Romantic.
George wuchs als dritter Sohn einer irisch-katholischen Familie auf. Sein Interesse für Musik und Mode entwickelte sich früh; als Verehrer von Marc Bolan, David Essex und seinem Idol David Bowie liebte er nicht nur deren Musik, sondern kopierte deren Kleidungsstil. Seine Eltern tolerierten anfangs Georges modische Eskapaden; problematisch wurde es 1976, als George der Schule verwiesen wurde, unter anderem auch, weil er sich den in England geltenden Kleidungsvorschriften für Schüler nicht beugen wollte. George zog nach London, wo er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Nachts nahm er am Leben der Londoner Szene teil, suchte in einschlägigen Clubs Kontakt zu „Bowie-Kids“, Punks und Drag Queens. Hier lernte er Marilyn, Jeremy Healy und Steve Strange kennen. Strange, der zusammen mit Rusty Egan (Rich Kids, Visage) erst das Billy’s und später, um 1980, die Diskothek Blitz leitete, verschaffte George schließlich dort einen Job an der Garderobe.
Zu dieser Zeit war der Musik-Manager Malcolm McLaren auf der Suche nach einem neuen Sänger für seine Band Bow Wow Wow. Über den Gitarristen Matthew Ashman lernte er George kennen und besetzte ihn als Lieutenant Lush an der Seite der Sängerin Annabella Lwin als Frontperson. Nach nur einigen Auftritten, beispielsweise im Londoner Rainbow Theatre, entließ McLaren George jedoch.
„Bis heute weiß ich nicht genau, warum er mich überhaupt in der Gruppe wollte. Ich glaube, er war mit Annabella unzufrieden und wollte ihr einen Schuß vor den Bug verpassen. Die Rechnung scheint für ihn aufgegangen zu sein – denn so plötzlich wie er mich engagiert hatte, feuerte er mich auch wieder.“
George bemühte sich weiter um eine musikalische Karriere. Er lernte Mikey Craig, später Roy Hay und Jon Moss kennen. Mit ihnen gemeinsam gründete er 1981 zunächst als „Sex Gang Children“ die britische New-Wave-Band Culture Club.
Fortan firmierte er unter dem Künstlernamen Boy George. In einem Playboy-Interview erklärte George dazu: „Viele Rasta-Typen nennen sich King Freddie oder Poppa George. ‚Boy‘ war sozusagen die zahme Version davon.“ Er wurde das optische Aushängeschild der Band, sein „Look“, anfangs geprägt von der britischen Modedesignerin Sue Clowes, das Markenzeichen von Culture Club. Im November 1982 trat die Band mit ihrem Hit Do You Really Want to Hurt Me erstmals bei Top Of The Pops auf. Danach gab es in den britischen, bald darauf weltweiten Medien kein Halten mehr. Boy George wurde „Englands Maskottchen“ (Der Spiegel). Tip beschrieb George als „eine Geisha, die sich als chassidischer Rastafarier verkleidet hat“, und das Rock-Lexikon befand, er wirke „wie eine putzige Aufziehpuppe des Pop, wie eine Phantasiefigur, die aus einem psychedelischen Cartoon entsprungen sein konnte“. Zahlreiche internationale Zeitschriften, wie Bravo, Rolling Stone, Harper’s Bazaar oder Cosmopolitan, bewilligten Boy George ein Titelcover. 1982 und 1983 wählten ihn die Leser des Daily Mirror zur „Pop Personality of the Year“. In der erfolgreichen US-Serie Das A-Team übernahm Boy George in der 16. Folge der 4. Staffel (1986) eine Gastrolle und trat als er selbst vor Publikum und in anderen Szenen auf. Auf dem Höhepunkt seines Starruhms erschienen Boy-George-Ankleidepuppen, und viele Magazine lieferten Anleitungen zum Nachschneidern seiner Garderobe sowie zum Kopieren seiner Schminke. Madame Tussauds verewigte ihn schließlich in Wachs und nahm ihn in ihr Kabinett auf.
„George O’Dowd, bestens bekannt als Boy George, löst weltweit mehr Kontroversen aus als jeder andere Popstar. Und das nicht nur in der Musikszene […]. Die Meinungen über den Sänger und Texter mit dem schrillen Make-up und den weichen Schmuse-Songs reichen von Empörung bis Euphorie.“
Nach der Auflösung von Culture Club im Frühjahr 1987 startete er mit der Single Everything I Own und dem Album Sold eine kurze und hauptsächlich in Europa erfolgreiche Solo-Karriere. Im selben Jahr nahm er zusammen mit britischen Künstlern wie Paul McCartney oder Kim Wilde an dem Wohltätigkeitsprojekt Ferry Aid teil. Bereits 1984 war er eine der prominenten Leadstimmen für Band Aid gewesen. To Be Reborn erreichte Ende 1987 Platz 13 der UK-Charts und blieb sein letzter UK-Top-20 Erfolg.
1988 gründete er zusammen mit Jeremy Healy das Plattenlabel More Protein, welches vor allem junge Künstler publiziert. Boy George erscheint unter dem Pseudonym Angela Dust bei diversen Veröffentlichungen als Sänger, Autor und Produzent in diesem Label, welches vor allem in der Club-Szene erfolgreich mit Titeln wie Sun Machine und Everything Starts with an E wird. Ein weiteres Projekt ist sein 1989 gegründetes Bandprojekt Jesus Loves You, mit dem er 1991 auch einen Top-Ten-Hit, Bow Down Mister, hatte. Es folgten in den 1990er Jahren einige wenige Hits in Europa und auch wieder in den USA, wo er mit The Crying Game Platz 15 der Billboard Hot 100 erreichte. 1994 sang er den Titelsong zum deutschen Horror-Katzen-Animationsfilm Felidae. Erst 1995 erschien mit Cheapness And Beauty sein nächstes Album. Es unterschied sich mit seiner eklektizistischen Zusammenstellung aus Glam Rock, New Wave, Punk und seichtem Soul deutlich von seinen bisherigen Plattenaufnahmen. Der Spiegel bestätigte ihm schließlich, „einer der letzten Pop-Großmeister und nicht bloß ein einfallsloser Fälscher“ zu sein.
„Nein, ich will nie mehr so werden wie damals! Ich möchte zwar auch heute noch berühmt sein, aber als normaler Mensch leben können, das war damals nicht so, da bin ich als Paradiesvogel durch die Gegend gerannt und habe mir darin gefallen, dass ich von allen begafft wurde.“
Kommerziell weitaus erfolgreicher waren seine diversen DJ-Mixe, vor allem für Ministry of Sound ab 1995. Die Compilation-Reihe The Annual, in Zusammenarbeit mit Pete Tong (The Annual I-III) und später mit Judge Jules (The Annual IV), erreichte Gold- und Platinauszeichnungen. The Annual II wurde allein in England über 600.000 mal verkauft und erreichte Doppel-Platin sowie Platz 1 der UK Compilation Charts. Boy George tritt seit den 1990er Jahren vermehrt als DJ in Erscheinung und legt weltweit in Clubs auf.
2002 lief sein Musical Taboo, basierend auf seinen bunten Tagen als Blitz-Kid, im Londoner West End an und entwickelte sich dort zu einem Dauerbrenner. Der Erfolg konnte am Broadway 2003 nicht wiederholt werden. Das Musical wurde mit dem Laurence Olivier Award, Drama Desk Award, Theatre World Award und dem Whatsonstage.com Award ausgezeichnet. Mit der Single Run (SASH! feat. Boy George, 2002) konnte er sich erstmals seit 1991 wieder in den deutschen Top-50 platzieren. Unter dem Namen B-Rude vertreibt Boy George seit 2004 auch sein eigenes Modelabel.
2013 erschien mit This Is What I Do sein erstes Studio-Album seit 18 Jahren. Vom Publikum und der Kritik gut aufgenommen erreichte es als erstes Solo-Album von Boy George die Top-100 der Charts in Deutschland sowie in England seinen zweiten Top-40 Erfolg nach Sold im Jahre 1987. The Guardian betitelte This Is What I Do als „Comeback des Jahres“. Begleitet wurde die Albumveröffentlichung von einer erfolgreichen Europa-Tournee. Im Oktober 2014 wurde Boy George mit dem Attitude Icon Award for Outstanding Achievement ausgezeichnet. 2016 war Boy George Coach in der 5. Staffel der TV-Talent-Show The Voice UK sowie Teilnehmer der Reality-TV-Show The New Celebrity Apprentice.
Boy George war eine wichtige Ikone in der Schwulenszene der 1980er Jahre. Er machte von Beginn seiner Karriere an nie ein Geheimnis aus seiner Homosexualität. Von 1981 bis Anfang 1986 führte Boy George eine zunächst geheim gehaltene Beziehung mit Jon Moss, dem Schlagzeuger von Culture Club. Das Ende dieses Verhältnisses bedeutete für Boy George einen tiefen seelischen und persönlichen Absturz und war laut der Autobiographie einer der Gründe für den Beginn seiner Drogensucht. Festgenommen und verurteilt wegen Heroinbesitzes, nahm Boy George 1986 an einem gerichtlich angeordneten Drogenentzug teil. In Liedern wie To Be Reborn verarbeitete Boy George diese Erfahrung.
1995 erschien Boy Georges Autobiographie Take It Like a Man, in der er selbstironisch und selbstkritisch und ohne jedes Pathos – dabei teilweise bis ins kleinste Detail gehend – von seiner schwierigen Kindheit und Jugend, dem Aufstieg und Fall von Culture Club und seiner Drogensucht erzählt.
Nachdem die Polizei bei ihm Kokain fand, wurde Boy George am 5. November 2005 in seinem New Yorker Apartment in Little Italy erneut wegen Drogenbesitzes festgenommen. Nach Zahlung einer Kaution musste er die USA bis auf Weiteres verlassen. Das Gerichtsverfahren wegen Drogenbesitzes wurde am 8. März 2006 eingeleitet. Neben einem Bußgeld in Höhe von 1000 Dollar wurde Boy George zu fünf Tagen Sozialdienst verurteilt, den er ab dem 14. August 2006 bei der New Yorker Straßenreinigung ableistete.
Anfang Dezember 2008 wurde Boy George wegen Freiheitsberaubung verurteilt, weil er 2007 in seiner Londoner Wohnung einen Callboy an eine Wand gekettet und dann, als dieser sich befreien und fliehen konnte, ihn auf der Flucht mit der Kette geschlagen hatte. Das Strafmaß für die Tat, die unter Drogeneinfluss geschah, wurde am 16. Januar 2009 auf 15 Monate Freiheitsentzug festgelegt. Boy George verbrachte vier Monate im Gefängnis und wurde im Mai 2009 vorzeitig aus der Haft entlassen.
Boy Georges frühes Leben in den 1980er Jahren wurde 2010 unter dem Titel Worried About the Boy verfilmt. Der dramatische Fernsehfilm erzählt von Boy Georges ersten Karriereschritten bis hin zu seinem Erfolg mit Culture Club sowie seiner Beziehung zu Jon Moss. BBC2 strahlte den Film im Rahmen ihrer Eighties Season im Mai 2010 erstmals aus. Die Hauptrollen übernahmen Douglas Booth als Boy George und Mathew Horne als Jon Moss. Regie führte Julian Jarrold.
„Das toll gespielte und fürs magere Budget sehr liebevoll ausgestattete BBC-Porträt wechselt zwischen Georges Prä-Popstar-Phase und seinem 86er-Absturz. Dabei konzentriert sich der Film auf Georges Identitäts(er)findung statt auf die Musikwelt. Der echte Boy George beriet das Team.“
2019 wurde bekannt, dass ein breit angelegter Spielfilm über das Leben von Boy George geplant ist. Das Drehbuch wird von Sacha Gervasi geschrieben.