Captain Beefheart (* 15. Januar 1941 in Glendale, Kalifornien; † 17. Dezember 2010 in Arcata, Kalifornien) war das Pseudonym von Don Glen Van Vliet (geboren als Donald Vliet), einem US-amerikanischen Autor, Dichter, Komponisten und Musiker experimenteller Rock- und Bluesmusik sowie Maler. Seine unkonventionelle Musik wurde ab den späten 1960er-Jahren einem größeren Publikum bekannt. Dies wurde begünstigt durch Unterstützung und Zusammenarbeit mit seinem Schulfreund, dem Gitarristen und Komponisten Frank Zappa. Ein wesentlicher Teil von Beefhearts musikalischem Werk zeichnet sich durch ungewöhnliche Arrangements, Polyrhythmik, nichtmetrisches Timing und oftmals kryptische oder bewusst absurde Songtexte aus. Seine wohl bekannteste Veröffentlichung ist das Doppelalbum Trout Mask Replica aus dem Jahr 1969.
Van Vliet zog mit seiner Familie 1954 nach Lancaster in die Mojave-Wüste, wo er an der High School den jungen Frank Zappa kennenlernte. Im Winter 1958/59 nahm er mit ihm erste Stücke auf, von denen das Stück Lost in a Whirlpool auf dem 1996 erschienenen Zappa-Album The Lost Episodes herauskam. Dieses enthält unter anderem neben drei gemeinsamen Aufnahmen aus den Jahren 1968/69 außerdem das Lied Tiger Roach, welches Zappa und Beefheart 1962 oder 1963 mit den Musikern Janschi (Bass) und Vic Mortenson (Schlagzeug) aufgenommen hatten. 1964 gründete er die Magic Band und debütierte mit ihr 1965 bei der Hollywood Teenage Fair.
Bereits im folgenden Jahr veröffentlichte die Gruppe ihre erste Single Diddy Wah Diddy, kurz darauf gefolgt von Moonchild, einfache, direkte Rhythm-and-Blues-Stücke, die aber anfangs nicht auf Anklang in der Musikindustrie stießen. Die Band versuchte einen Plattenvertrag zu bekommen und Beefheart unterschrieb verschiedene Verträge, die ihm angeboten wurden, was ihm später noch rechtliche Probleme und anstrengende Gerichtsprozesse bescherte. Trotzdem konnte die Band 1967 ihr erstes Album Safe as Milk bei Buddah Records veröffentlichen. Hier spielte Ry Cooder auf mehreren Stücken Gitarre, setzte aber auch nachträgliche Änderungen durch.
Das Folgewerk Strictly Personal von 1968 wurde vom Produzenten Bob Krasnow in „psychedelischer“ Manier unabgesprochen neu abgemischt. Krasnow veränderte es dadurch so sehr, dass Van Vliet sich später davon distanzierte. Nur das Angebot Frank Zappas, mit vollständiger kreativer Kontrolle zu seinem neu gegründeten Label Straight Records zu wechseln, hielt Beefheart davon ab, sich zurückzuziehen.
Strictly Personal zeichnet sich bereits als ungewöhnliche und komplexe Kombination aus Delta Blues und Avantgarde-Rock mit gelegentlichen Free-Jazz-Einflüssen aus. 1992 erschienen einige von Krasnow unbearbeitete Takes der Aufnahmesessions auf I May Be Hungry But I Sure Ain’t Weird, ansonsten gelten die Masterbänder des Albums als verschollen.
Erst 1971 erschien dann Mirror Man, das eigentlich zweite Album der Band, das bereits 1967/1968 aufgenommen worden war. Es besteht aus nur vier langen Stücken, von denen Kandy Korn sich in einer anderen Version auch auf Strictly Personal findet. Das Album ist deutlich das fehlende Glied („missing link“) im Frühwerk der Band, wird doch hier die beginnende Wandlung der Band von einer zwar eigenwilligen, aber letztlich noch konventionellen Bluesrockband hin zu einem experimentellen Format erstmals deutlich.
Im Jahr 1969 erschien das von Frank Zappa produzierte Album Trout Mask Replica (deutsch: „Forellenmasken-Nachbildung“) als eine der ersten Veröffentlichungen des Labels Straight Records. Das Doppelalbum enthält achtundzwanzig Musikstücke, die über die Dauer eines Jahres eingespielt wurden. Gemeinsam mit dem Nachfolger Lick My Decals Off, Baby gilt Trout Mask Replica vielen Kritikern als ein Meilenstein der Rockgeschichte und als das beste Album von Captain Beefheart & his Magic Band. Auf diesen musikalisch radikalen Alben ist der Einfluss von Free Jazz und moderner Klassik stärker als auf den Vorgängern. Beefheart selbst erklärte immer, überhaupt keine Einflüsse zu haben.
Die meisten Kompositionen auf dem Album sind von Polyrhythmen und atonaler Harmonik gekennzeichnet und verschmelzen Einflüsse aus Free Jazz und Delta Blues. Der charakteristische, roh wirkende Klang entstand durch die Besetzung aus zwei Leadgitarren, Bassklarinette, mehreren Saxophonen sowie Beefhearts rauem Gesang, der sich nur vage am Takt der Musik orientiert. Die Aufnahmen zum Album entstanden in langen Sessions, während deren die Magic Band im selben Haus zusammenlebte, in dem das Album auch aufgenommen wurde. Beefheart bestand darauf, seine Gesangsparts ohne Monitorkopfhörer aufzunehmen, hörte also die Musik nicht, während er sang.
Bekannt wurde auch die von Grafiker Cal Schenkel gestaltete Albumhülle von Trout Mask Replica: Das Foto auf der Vorderseite zeigt eine Person vor leuchtend rotem Hintergrund, die sich den präparierten Kopf eines Karpfens als Maske vor das Gesicht hält, wie zum Gruß die rechte Hand erhebt und auf dem Kopf einen kegelförmigen Hut mit einem Federball obenauf trägt.
Auf der 2003 erstmals veröffentlichten Liste des US-Musikmagazins Rolling Stone, “The 500 Greatest Albums of All Time” (deutsch: „Die 500 großartigsten Alben aller Zeiten“) steht das Album Trout Mask Replica auf Platz 58.
Die Ansprüche, die Beefheart in diesen komplexen Werken mit seiner rauen, etwas an den Bluessänger Howlin’ Wolf erinnernden Stimme, deren Umfang über viereinhalb Oktaven reichte, und seiner surrealen Lyrik an den Hörer stellte, überforderten die breite Hörerschaft, und ein kommerzieller Erfolg blieb aus. Auf den beiden 1972 veröffentlichten Alben The Spotlight Kid und Clear Spot milderte er die konzeptionelle Strenge der Vorgänger zugunsten eines verspielteren, gelegentlich fast konventionellen Stils. Nachdem auch diese Platten nicht den erhofften Erfolg hatten, zerbrach die Magic Band, und Beefheart verlor seinen Plattenvertrag.
Beefheart ging nun für zwei Jahre nach Großbritannien und veröffentlichte dort mit einer neuen, unter Fans teils als „Tragic Band“ bezeichneten Magic Band die Alben Unconditionally Guaranteed (1974) und Bluejeans And Moonbeams (1974). Viele Kritiker sahen darin seine schlechtesten Arbeiten, da er seinen unverkennbaren Stil zu kraftlosem Popblues verwässere. Captain Beefheart kehrte in die USA zurück. Er traf wieder auf seinen alten Freund Frank Zappa, und auf der Tournee 1975 entstand das gemeinsame Live-Album Bongo Fury. Sein Auftritt hier passt zum ironisch-zynischen Stil und zur expressiven Spielfreude Zappas.
1976 produzierte er Bat Chain Puller, das als Album anfangs unveröffentlicht blieb. Nachdem er 1978 einen neuen Vertrag bei Virgin Records bekam, erschienen einige der Stücke auf Shiny Beast (Bat Chain Puller). Stilistisch war das Werk wieder eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, einer exzentrischen Melange aus Bluesrock und Avantgarde.
Das 1980 erschienene Doc at Radar Station bringt die Grundelemente seines Werks – den Blues, eine expressiv-absurde Lyrik, komplexe Gitarren- und Rhythmusarrangements und fremdartige, fast atonale Kompositionen – noch einmal in der für Beefheart typischen Weise zusammen.
1982 erschien mit Ice Cream For Crow sein letztes Album, das wieder mehr konventionelle Arrangements aufweist und als spätes Bekenntnis zum Blues gedeutet wurde. Das vorletzte Stück The Thousandth And Tenth Day Of The Human Totem Pole wird als ein erster und letzter pessimistischer Kommentar des Captain zur menschlichen Zivilisation interpretiert. 1984 gab es weitere Aufnahmen, die jedoch nicht veröffentlicht wurden. Danach wurde keine neue Musik von Captain Beefheart mehr veröffentlicht, und er trat nicht mehr als Musiker auf.
Das allgemeine Erkennen des Potentials seiner Musik setzte erst mit der Beendigung seiner Musikkarriere ein. Insbesondere junge Punk- und New-Wave-Bands wie Devo, Pere Ubu, The Fall, Public Image Ltd. und viele andere ließen sich von ihm inspirieren. Mit den Jahren wuchs diese Anerkennung weiter, im Rückblick wird er als einer der wichtigsten Musiker der Rockgeschichte gesehen, einer der ersten, die den Rock an seine musikalische Grenze brachten.
Don Van Vliet zog aus dieser letzten Enttäuschung die endgültige Konsequenz und beendete 1985 seine Karriere als Musiker. Er zog sich mit seiner Frau in die Mojavewüste zurück und machte die Malerei zu seinem Beruf. Wegen seines zeichnerischen Könnens hatte er in seiner Kindheit als Wunderkind gegolten und Anfang der 1950er Jahre sogar ein Stipendium in Europa angeboten bekommen, das seine Eltern jedoch ausschlugen.
Für Van Vliet bewährte sich diese Entscheidung, da er als Maler von seinen Arbeiten, die zuweilen an die COBRA-Gruppe und andere an „primitiver“ Kunst interessierte 50er-Jahre-Malerei erinnern, besser leben konnte als von seiner Arbeit als Musiker. Einige seiner Bilder erzielten Preise von über 100.000 US-Dollar. Mit Beginn der 1990er Jahre zog sich Don Van Vliet vollständig aus der Öffentlichkeit zurück. Es wurde trotz gegenteiliger Behauptungen vermutet, dass dies auf eine Erkrankung mit multipler Sklerose zurückzuführen sei. 2004 wohnte er in Trinidad, Kalifornien. Vliet verstarb am 17. Dezember 2010 in Nordkalifornien nach einer Komplikation infolge von multipler Sklerose.