Daniel Barenboim (hebräisch דניאל בארנבוים; * 15. November 1942 in Buenos Aires, Argentinien) ist ein argentinisch-israelischer Pianist und Dirigent. Er erhielt zahlreiche internationale Ehrungen und Auszeichnungen, einschließlich des deutschen Großen Bundesverdienstkreuzes. Er besitzt die spanische, argentinische, israelische und palästinensische Staatsangehörigkeit.
Im Jahr 1950 gab Barenboim sein erstes Konzert in Buenos Aires. 1975 wurde er als Nachfolger von Sir Georg Solti Chefdirigent des Orchestre de Paris. Von 1981 bis 1999 wirkte Barenboim als Dirigent der Bayreuther Festspiele, wo er Tristan und Isolde, Die Meistersinger von Nürnberg, Parsifal und die Tetralogie Der Ring des Nibelungen dirigierte.
Von 1991 bis 2006 war er Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra, seit 1992 ist er auf Lebenszeit Künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Im Herbst 2000 wurde er vom Orchester der Staatskapelle Berlin zum Chefdirigenten auf Lebenszeit gewählt. Im Juli 2011 teilte die Berliner Senatskanzlei mit, dass Barenboim seinen Vertrag für weitere zehn Jahre bis Ende Juli 2022 verlängert habe.
Von 2006 bis 2011 war Barenboim Hauptgastdirigent der Mailänder Scala und wurde anschließend zum Musikdirektor des Opernhauses ernannt.
Von Juni 1967 bis zu ihrem Tod 1987 war Barenboim mit der Cellistin Jacqueline du Pré verheiratet. Er ist in zweiter Ehe seit 1988 mit der Pianistin Jelena Baschkirowa verheiratet. Sie haben zwei gemeinsame Söhne, Michael Barenboim, klassischer Violinist, und den Produzenten und Songwriter David Barenboim (Künstlername: KD-Supier).
Im Jahr 1990, nach dem Tod Herbert von Karajans, dirigierte Barenboim die Berliner Philharmoniker bei ihrer weltweit beachteten erstmaligen Israel-Tournee, die von ihrem langjährigen ersten Geiger und Orchestervorstand Hellmut Stern initiiert und organisiert worden war. 2001 erhielt Barenboim jedoch in Israel heftige Kritik von Publikum, Kunst- und Kulturschaffenden sowie Politikern, als er bei einem Gastspiel der Staatskapelle Berlin einen Orchesterauszug aus Wagners Tristan und Isolde als Zugabe zur Aufführung brachte. Musik von Richard Wagner wird laut ungeschriebenem Gesetz – wegen der antisemitischen Haltung des Komponisten und der Verwendung seiner Musik im Nationalsozialismus – in Israel nicht öffentlich aufgeführt. Einige Mitglieder des Erziehungskomitees der Knesset wollten Barenboim deshalb zur kulturellen Persona non grata erklären lassen, was letztlich jedoch keine Mehrheit fand.
Zusammen mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said und dem deutschen Kulturmanager Bernd Kauffmann gründete er 1999 das Orchester des West-östlichen Divans. Barenboim engagiert sich für eine Annäherung der verfeindeten Volksgruppen im Nahostkonflikt. Das Orchester setzt sich jeweils zur Hälfte aus jungen Musikern aus Israel sowie den palästinensischen Autonomiegebieten, Libanon, Ägypten, Syrien, Jordanien und Spanien zusammen. Im August 2005 gab das Orchester ein vielbeachtetes Konzert in Ramallah, das in vielen Ländern live im Fernsehen übertragen wurde.
Am 10. Mai 2004 wurde Daniel Barenboim in der Knesset, dem israelischen Parlament, der Wolf-Preis für freundschaftliche Beziehungen unter den Völkern verliehen. In seiner Dankesrede zitierte Barenboim aus der israelischen Unabhängigkeitserklärung u. a. folgende Passage. „Der Staat Israel ... wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen.“ Anschließend sagte er: „In tiefer Sorge frage ich heute, ob die Besetzung und Kontrolle eines anderen Volkes mit Israels Unabhängigkeitserklärung in Einklang gebracht werden kann. Wie steht es um die Unabhängigkeit eines Volkes, wenn der Preis dafür ein Schlag gegen die fundamentalen Rechte eines anderen Volkes ist?“ Daraufhin kam es zu einem Eklat, als die israelische Erziehungsministerin Limor Livnat Barenboim in ihrer Erwiderung vorwarf, das Parlament als Bühne zu missbrauchen, um Israel zu attackieren. Barenboim stiftete das Preisgeld von 50.000 Dollar für die musikalische Erziehung von israelischen und palästinensischen Kindern.
Zwischen Februar und April 2006 hielt Barenboim an verschiedenen Orten (London, Chicago, Berlin, Ost-Jerusalem und West-Jerusalem) für die BBC-Reihe der Reith Lectures Vorträge, die aufzeigen sollten, „dass Musik im Zentrum dessen steht, was wir als menschlich bezeichnen“.
Bei den Salzburger Festspielen 2007 dirigierte Barenboim die Oper Eugen Onegin (Regie Andrea Breth). Außerdem arbeitete er in Salzburg mit dem West-Eastern Divan Orchestra und trat mit diesem Orchester auch im Rahmen der Festspiele auf. Für sein Engagement erhielt Barenboim 2008 die Ehrenbürgerschaft der Palästinensischen Autonomiebehörde. 2009 dirigierte er das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Am 16. April 2009 trat Barenboim zum ersten Mal in Ägypten auf. Im Opernhaus in Kairo leitete er das Cairo Symphony Orchestra, auf dem Programm stand die 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Sein Auftritt war im Vorfeld aus politischen Gründen heftig umstritten.
Seit Dezember 2009 ist er Schirmherr der Mendelssohn-Gesellschaft in Berlin, die das geistige und künstlerische Erbe der Mendelssohn-Familie pflegt. Barenboim ist auch Schirmherr der Selbsthilfegruppe Musiker mit Dystonie der Deutschen Dystonie Gesellschaft e. V. und initiierte die Gründung eines öffentlichen, staatlich geförderten Musikkindergartens in Berlin.
Anlässlich seines 70. Geburtstages 2012 gründete Barenboim in Berlin eine Akademie für Nachwuchsmusiker aus dem Nahen Osten, die Barenboim-Said-Akademie (Geschäftsführer Michael Naumann), die Ende 2015 eröffnet wurde und mit dem Wintersemester 2016/2017 ihren Lehrbetrieb aufnahm. Frank Gehry entwarf im Magazingebäude der Berliner Staatsoper (errichtet 1953/1954 vom Architekten Richard Paulick) einen eigenen Konzertsaal für diese Akademie. Der Bund unterstützte das interkulturelle Projekt mit 20 Millionen Euro. Für den Ausbau brachten mehrere Spender eine Summe von 17,7 Millionen Euro auf und das Land Berlin stellt das Gebäude für eine symbolische Pacht von einem Euro pro Jahr für insgesamt 99 Jahre zur Verfügung. Der nach dem Komponisten, Dirigenten und Musikwissenschaftler Pierre Boulez benannte Konzertsaal der Akademie wurde im März 2017 eröffnet.
2014 dirigierte Barenboim wiederum das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Es stand im Gedenken an den Ersten Weltkrieg und wurde in 92 Länder übertragen.
Ein unter der Schirmherrschaft von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier geplantes Konzert der Berliner Staatskapelle unter Barenboims Leitung im Iran scheiterte im August 2015 daran, dass dessen Regierung „das zionistische Regime nicht an[erkennt] und auch nicht mit Künstlern dieses Regimes zusammenarbeiten [wird]“. Die israelische Kulturministerin Miri Regev hatte zuvor die Auftrittspläne Barenboims scharf kritisiert, da Barenboim eine antiisraelische Linie verfolge und Kultur zur Durchsetzung politischer Ansichten missbrauche.
Als Reaktion auf die Verleihung des Echos an Farid Bang und Kollegah, deren Texte er als frauenfeindlich, homophob, antisemitisch und menschenverachtend kritisierte, gab Barenboim in Abstimmung mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra seine Klassik-Echos zurück.
– chronologisch –
Barenboim spielte 2011 in Siena den restaurierten Flügel des Komponisten Franz Liszt. Das brachte ihn auf die Idee, mit Hilfe des belgischen Klavierbauers Chris Maene und der Firma Steinway & Sons einen Flügel nach seinen Vorstellungen zu entwickeln. In ihm sind alle Saiten parallel gespannt und die Maserung des hölzernen Resonanzbodens verläuft in eine andere Richtung, was laut Barenboim zu einem transparenteren, klareren Klang führt. Von diesem Flügel gibt es nur 2 Exemplare. Er wurde am 16. Juni 2015 beim Klavier-Festival Ruhr in der Düsseldorfer Tonhalle vorgestellt und trägt seinen Namen in goldenen Lettern.