Friedrich Karl Otto Wunderlich (* 26. September 1930 in Kusel; † 17. September 1966 in Heidelberg) war ein deutscher Opernsänger (Lyrischer Tenor).
Fritz Wunderlich wuchs in einfachen Verhältnissen in Kusel in der Pfalz auf. Sein aus Thüringen stammender Vater Paul war Cellist, Kapellmeister und Chordirigent, seine im Erzgebirge geborene Mutter Anna Violinistin. In Kusel betrieben die Eltern kurzzeitig die Gastwirtschaft Emrichs Bräustübl. Der Vater, mittlerweile wieder musikalisch tätig, wurde von örtlichen Nationalsozialisten um seine Stellung gebracht und litt außerdem an einer schweren Kriegsverletzung. In dieser hoffnungslosen Lage nahm er sich das Leben, als Fritz Wunderlich erst fünf Jahre alt war. Daraufhin verarmte die Familie vollständig. Die Mutter gab Musikunterricht, und schon früh lernte Wunderlich verschiedene Musikinstrumente und begleitete Mutter und Schwester, wenn sie abends zur musikalischen Unterhaltung aufspielten. Später konnte er sich so auch sein Musikstudium mit Tanzmusik selbst finanzieren.
Im Jahr 1956 heiratete er die Harfenistin Eva Jungnitsch (* 5. Dezember 1934 in Stuttgart; † 20. November 2016 in München). Die Kinder Constanze, Wolfgang und Barbara kamen 1957, 1959 und 1964 zur Welt. Die Familie wohnte zunächst in Stuttgart, später in München.
Fritz Wunderlich spielte von Jugend an Unterhaltungsmusik in verschiedenen Gruppen und erhielt ersten Gesangsunterricht in Kaiserslautern. Er studierte von 1950 bis 1955 an der Musikhochschule Freiburg zunächst Horn, später bei Margarethe von Winterfeldt Gesang. Seinen ersten offiziellen Opernauftritt hatte er 1954 bei einer Hochschulaufführung in Freiburg als Tamino in Mozarts Zauberflöte. Daraufhin wurde er schon 1955 an die Württembergische Staatsoper in Stuttgart engagiert. Als er dort – ebenfalls als Tamino – für einen erkrankten Kollegen, den ersten Tenor Josef Traxel, einspringen durfte, weil der eigentlich als Ersatz vorgesehene Wolfgang Windgassen zugunsten des Anfängers verzichtete, wurde er praktisch über Nacht zum Star.
Ab 1959 war er zunächst mit einem Gastvertrag, ab 1960 als festes Ensemblemitglied an der Bayerischen Staatsoper München verpflichtet. Ab 1962 gastierte er an der Wiener Staatsoper, deren Ensemble er ab 1963 bis zu seinem Tod angehörte. Seit 1959 war er regelmäßig Gast der Salzburger Festspiele, Engagements führten ihn unter anderem nach Berlin, Aix-en-Provence, Venedig, Buenos Aires, London, Edinburgh und Mailand.
Von Karl Böhm wurde Wunderlich zu den Salzburger Festspielen eingeladen, wo er 1959 debütierte. Er sang den Henry Morosus in der Oper Die schweigsame Frau von Richard Strauss in einer Inszenierung von Günther Rennert mit den Wiener Philharmonikern und dem Chor der Wiener Staatsoper. Ein Kollege in der Rolle des Barbier war Hermann Prey. Beiden Sängern wurde am 9. März 1962 der Kammersängertitel verliehen.
Wunderlich war auf dem Höhepunkt seiner Karriere und sollte am 8. Oktober 1966 sein Debüt an der Metropolitan Opera in New York geben. Doch kurz vor seinem 36. Geburtstag stürzte er (durch nachlässig gebundene Schuhe verursacht) von einer Treppe im Haus von Heinz Blanc († 1978), Sohn von Heinrich Blanc, in Derdingen im Kraichgau und zog sich einen Schädelbruch zu, an dem er am darauffolgenden Tag in einer Klinik in Heidelberg starb. Er wurde in München im Alten Teil des Waldfriedhofs beigesetzt (Grab Nr. 212-W-18).
Berühmt wurde Wunderlich durch seine strahlende, klare, über zwei Oktaven ausgeglichene Stimme, die insbesondere seit seiner Zusammenarbeit mit Hubert Giesen einen natürlichen, ungekünstelten Sitz besaß. Außergewöhnlich waren seine sängerische Intensität und sein Vermögen, sich in eine Rolle einzufühlen. Bis heute gilt er als vielleicht größter lyrischer Tenor des 20. Jahrhunderts, mit Sicherheit aber als einer der bedeutendsten deutschen Sänger. Luciano Pavarotti antwortete, als er bei einem Interview im Jahre 1990 gefragt wurde, wer für ihn der herausragendste Tenor der Geschichte sei: „Fritz Wunderlich.“ Im Begleitheft zur Doppel-CD Fritz Wunderlich – The 50 Greatest Tracks von 2016 sind Zitate prominenter Künstler zu Fritz Wunderlich abgedruckt, von Nicolai Gedda, Peter Schreier, Plácido Domingo und Rolando Villazón bis hin zu Anneliese Rothenberger, Brigitte Fassbaender und Christa Ludwig. Sie alle zollen ihm höchste Bewunderung. So sagt etwa Bariton Thomas Hampson: „Fritz Wunderlichs Leben war eine einmalige Kombination aus Begabung, Lebenslust, Energie und Ehrgeiz… Er ist der Beweis dafür, welchen Grad an Perfektion ein Sänger erreichen kann.“
Einige von Wunderlichs berühmtesten Rollen waren der Tamino in Mozarts Zauberflöte, der Belmonte in Die Entführung aus dem Serail, der Almaviva in Rossinis Der Barbier von Sevilla und der Henry in Die schweigsame Frau von Richard Strauss. Als bedeutendster Mozartsänger seiner Zeit setzte er neue Maßstäbe, die bis heute noch Gültigkeit haben. In Stuttgart und bei den Schwetzinger Festspielen wirkte er auch an Uraufführungen moderner Opern mit (z. B. Der Revisor von Werner Egk). Erwähnenswert sind auch sein Lenski in Tschaikowskis Eugen Onegin sowie seine herausragende, für einen jungen Sänger ungewöhnlich reife Interpretation des Palestrina in der gleichnamigen Oper von Hans Pfitzner. Nicht zu vergessen auch sein Hans in Smetanas Verkaufter Braut. Neben der Oper umfasste sein großes Repertoire auch die Tenorpartien der großen Oratorien, Operetten (hier einige Gesamtaufnahmen unter Franz Marszalek), Lieder und Unterhaltungsmusik. Wunderlichs Lied-Interpretationen (u. a. Schubert, Schumann) mit seinem Mentoren Hubert Giesen als Begleiter finden auch heute noch einhellige Bewunderung. Seine Leistungen sind auf zahlreichen Rundfunkaufnahmen (v. a. des SWF, des WDR, des SDR und des BR) und Schallplatten dokumentiert, die auch Jahrzehnte nach seinem Unfalltod immer wieder neu veröffentlicht werden.
Ulrich Tukur sagt über Wunderlich: "Er hatte die schönste und reinste Stimme, die es je gab, ein göttliches Talent."
Freundschaftlich verbunden war er mit dem Bariton Hermann Prey, der oft mit ihm auf der Bühne stand. Einen väterlichen Freund fand Wunderlich, der seinen eigenen Vater in jungen Jahren verloren hatte, in dem Bassisten Gottlob Frick, in dessen Haus er immer wieder zu Gast war. Mit Frick ging er dem gemeinsamen Hobby, der Jagd nach.
Seine Heimatverbundenheit zeigte Wunderlich mit dem von ihm im Alter von 20 Jahren getexteten und vertonten Kusellied, das er im Juni 1963 bei einem Auftritt in Robert Lembkes Rateshow Was bin ich? vorstellte und das seither quasi die Kuseler „Nationalhymne“ geworden ist.
Als Hommage an den Künstler wählte das österreichische Show-Ensemble den Namen Die Herren Wunderlich.