Gentleman (* 19. April 1975 in Osnabrück; bürgerlich Tilmann Otto) ist ein deutscher Reggae-Musiker.
Gentleman wurde als Sohn eines evangelisch-lutherischen Pastors in Osnabrück geboren, zog aber schon im ersten Jahr nach Köln und wuchs in der Kölner Südstadt auf. In seiner Jugend besuchte er zunächst die Kaiserin-Augusta-Schule und anschließend das Hansagymnasium. Er wurde von beiden Schulen verwiesen und wechselte dann zum Humboldt-Gymnasium, das er freiwillig verließ. Gentleman reist seit seinem 18. Lebensjahr regelmäßig auf die Karibikinsel Jamaika, dem Ursprungsort des Reggae und Dancehall.
Gentleman lebt heute in Köln, ist Vater zweier Kinder und mit der US-amerikanischen Sängerin Tamika verheiratet, die für Gentleman auch im Background mitsingt. Sein Bruder betreibt ein Restaurant in Köln-Ehrenfeld. Seine Schwester Ann-Kathrin Otto ist Künstlerin und Filmausstatterin und moderiert im ZDF das Magazin Wohnen & Design bei Volle Kanne.
Gentleman wurde durch die Mixtapes, die sein Bruder ihm aus Jamaika mitbrachte, inspiriert. Daraufhin reiste Gentleman mit 17 Jahren das erste Mal auf die Karibikinsel, um die Musik dort näher zu entdecken. Die ersten musikalischen Schritte machte Gentleman als Selector beim Soundsystem 7 Star. Kurze Zeit später entwickelte er sich zum MC von Pow Pow Movement aus Köln und wechselte dann ab ca. 1992 zu dem Hamburger Soundsystem Silly Walks. Die Stuttgarter Hip-Hop-Gruppe Freundeskreis traf Gentleman bei einer Party in Stuttgart 1997. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon viele Shows in Deutschland und Europa gespielt, auf denen er sowohl als MC als auch als Sänger eigener Stücke auftrat. Max Herre (Freundeskreis) gefiel Gentleman so gut, dass er ihn am Folgetag ins Studio einlud, wo er seinen Teil für Tabula Rasa einsang. Der Song landete auf Platz 13 der deutschen Charts, worauf ein Plattenvertrag mit Four Music / Sony und vier erfolgreichen Studioalben sowie einem Live-Album und einer -DVD folgte.
2005 trat Gentleman als Featuregast von Mamadee beim Bundesvision Song Contest für Nordrhein-Westfalen an. Das Lied belegte dort zusammen mit Sandy feat. Manuell (Rheinland-Pfalz) den letzten Platz. Außerdem gründete er 2005 gemeinsam mit seinem damaligen Manager Stephan Schulmeister das Label Bushhouse Records, dessen erste und einzige Veröffentlichung Mamadees Single Lass los war.
Nach Gentlemans Anfängen als Deejay orientiert sich seine Musik heute vor allem an der klassischen Form des Reggaes, dem Roots-Reggae, den auch seinerzeit Bob Marley produzierte. Sein Stil kann als Modern Conscious Roots bezeichnet werden und er singt ausschließlich auf Englisch und Patois. In seiner Musik sind Einflüsse aus dem traditionellen Roots Reggae, der Studio-One-Ära und Dancehall, aber auch aus der Motown-Zeit bis hin zum Hip-Hop.
Seine Lieder greifen teilweise tagesaktuelle Themen auf, wie z. B. It No Pretty, wo er im Musikvideo Opfer einer U-Bahn-Prügelattacke wird. Auch sozialkritische Nummern wie Dem Gone, Superior und Leave us alone sind Teil seines Repertoires. In ihnen hinterfragt er den Zustand der Gesellschaft kritisch und drückt seine Verachtung gegenüber Gewalt und Ausbeutung (von Minderheiten) und genereller Ungerechtigkeit aus. Ein weiteres Thema ist in Gentlemans Texten omnipräsent: die Liebe – „der Stoff, aus dem wir alle gemacht sind“. Besonders der Song Intoxication auf dem Album Drop Leaf Riddim hat sich 2005 in diesem Zuge als große Hilfe für musikalischen Durchbruch in der karibischen Reggae-Gemeinde herausgestellt.
Gentleman wurde zu Beginn seiner Karriere von der Kölner Band The Killin’ Riddim Section begleitet, ab 2002 spielte er mit der Far East Band (Berlin, Leipzig). Seit 2010 steht The Evolution (Berlin, Leipzig) an Gentlemans Seite, in der weitestgehend dieselben Musiker der Far East Band mitspielen.
Besetzung The Evolution:
Kurz nach Weihnachten 2013 feierte Gentleman 20-jähriges Bühnenjubiläum im Kölner Palladium. Sein erstes Live-Bandkonzert fand im Februar 1992 im Kölner Basement statt. Schon vor seinem ersten Plattenvertrag konnte er erste internationale Liveerfahrungen sammeln und trat in Jamaika, Russland und vielen Ländern Europas auf. Durch seine verschiedenen Backing-Bands – The Killin’ Riddim Section, Far East Band und The Evolution Band – konnte Gentleman Liveauftritte mit verschiedenen Musikern und Stilen darbieten. Dabei agiert Gentleman auch genre- und altersübergreifend, wie z. B. bei Splash, dem größten Hip-Hop-Festival Deutschlands. Dort hatte er als Reggaekünstler seit 1999 neun Auftritte als Headliner.
Gentleman hat in seiner Karriere nicht nur im Inland und deutschsprachigen Nachbarländern (u. a. Rock am Ring, Summerjam, Chiemsee Reggae, Deichbrand), sondern auch im europäischen Ausland auf großen Festivals gespielt:
Eine Auswahl umfasst:
Portugal – Sudoeste, Sagres Surffest, Sumol, Musa Festival; Spanien – Monegros, Territorius, Viña Rock, Alrumbo Fest; Frankreich – u. a. Eurockéennes, Vieilleus Charrues; Niederlande: 77 Splash, Mundial, Lowlands; Belgien: Dour, Reggae Geel, Couleur Café; Dänemark – Roskilde; Schweden – One Love Festival, Hultsfred, Uppsala; Finnland – Ilosaarirock; Polen – Coke Live, Heineken Opener, Ursynalia; Serbien – Exit, Arsenal Fest; Slowakei – Pohoda; Mazedonien: Taksirat; Ungarn – Sziget, Balaton Festival; sowie diversen Festivals in Italien, Kroatien, Griechenland, Luxemburg.
Auch auf dem Festival Haltestelle Woodstock mit 750.000 Besuchern hat Gentleman bereits als Co-Headliner gespielt.
Hinzu kommen Auftritte in Nord- und Südamerika und Afrika:
USA – Raggamuffins Festivals, Marley Festival, Sierre Nevada Music Festival, Reggae Rising, Reggae on the River; Costa Rica – Surf Weltmeisterschaften Finals ; Kolumbien – Festival Estereo Picnic; Chile – Lollapalooza; Jamaika – Sting, Reggae Sumfest, Jazz & Blues Festival und viele andere Auftritte in Aruba, Suriname, Franz. Guyana, Venezuela, Argentinien, Trinidad & Tobago, Ghana, Gambia, Ägypten, Marokko, Südafrika, Mauritius und den Seychellen.
Mit Journey to Jah hatte Gentleman seine erste Gold-Platte und das folgende Album Confidence stieg 2004 auf Anhieb auf Platz eins der deutschen Charts ein und wurde mit Platin zertifiziert. Es ist mit über 200.000 verkauften Kopien eins der erfolgreichsten Alben der deutschen Reggae- und Hip-Hop-Geschichte. Sein nächstes Album Another Intensity erschien am 24. August 2007 und stieg in den deutschen Albumcharts auf Platz 2 ein. Es wurde das letzte Studio-Album von Gentleman bei Sony, bevor er nach zehnjähriger Zusammenarbeit 2010 zu Universal Music Deutschland wechselte. Das folgende Album Diversity wurde wieder mit Gold ausgezeichnet. Eine Live-DVD seines Summerjam-Auftritts 2010 wurde ebenfalls unter den Namen Diversity Live veröffentlicht. 2011 arbeitete Gentleman eng mit dem jamaikanischen Produzenten und Sänger Richie Stephens zusammen. Dieser war der erste Produzent auf Jamaika, der Gentleman in den 1990ern in sein Studio eingeladen hatte, um einen Song aufzunehmen. Nachdem 2011 Richie Stephens’ 22-jähriger Sohn „Copper Cat“ vor seinem Haustor erschossen worden war, lud Gentleman Richie nach Deutschland ein und es entstand der Song Live your life, in dem Stephens seinen Verlust musikalisch verarbeitet. Zu dem Lied wurde ein Live-Video auf dem größten Gratis-Open-Air Europas (Haltestelle Woodstock Festival) gedreht, bei dem Gentleman vor 700.000 Menschen auftrat. Live Your Life wurde mehrfach ausgezeichnet und führte zu dem gleichnamigen Duett-Album, welches nur in den USA, Japan und der Karibik veröffentlicht wurde.
Am 19. April 2013 erschien sein sechstes Studioalbum New Day Dawn bei Universal und wurde mit einem ausgiebigen Festivalsommer und einer Europatour im Herbst 2013 präsentiert.
Knapp ein Jahr später veröffentlichte Gentleman seinen ersten Kino-Dokumentarfilm, Journey to Jah, der am 20. März 2014 in Deutschland in die Kinos kam. In der Hauptrolle der deutsch-schweizerischen Koproduktion stehen er selbst und der italienische Reggaestar Alborosie. Der Film beschreibt die „Suche nach Authentizität jenseits der westlichen Konsumgesellschafen im Land von Rastafari und Reggae: Jamaika“. Für den Dokumentarfilm wurde Gentleman sieben Jahre lang von den Regisseuren Moritz Springer und Noel Dernesch sowie Kameramann Marcus Winterbauer begleitet. Der durch Crowdfunding finanzierte Film wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Er erhielt unter anderem den „Audience Award“ des Zurich Film Festivals 2013 und den „Narrative Feature World Cinema Audience Award 2014“ des Maui Film Festivals auf Hawaii.
Im Dezember 2014 erschien das MTV-Unplugged-Album. Gentleman ist damit der erste Reggae-Künstler weltweit, der das prestigeträchtige Format umsetzen durfte. Viele bekannte Gäste wie Shaggy, Campino, Ky-Mani Marley, Christopher Martin, Tanya Stephens und Marlon Roudette wurden auf dem Album gefeaturet.
Zusammen mit Ky-Mani Marley erschien im Juni 2016 das Album Conversations. Das Album enthält jeweils einen Solosong der beiden Interpreten, alle anderen Lieder sind Kollaborationen beider. Auch ein Cover von Bob Marleys Simmer Down feat. Marcia Griffiths – eine langjährige Backgroundsängerin Marleys – ist auf dem Album enthalten.
Gentleman ist wiederholt als Gastmusiker in Erscheinung getreten, z. B. auf diversen Liedern verschiedener Hip-Hop-Interpreten wie Kool Savas, Megaloh, Afrob, Curse und Azad. Neben nationalen Stars wie Udo Lindenberg, Die Toten Hosen, Patrice und Stefanie Heinzmann hat Gentleman auch mit vielen internationalen Künstlern zusammengearbeitet: Pink, Michael Franti, Mustafa Sandal, Aloe Blacc, Sean Paul, UB40. Er ist neben Gzuz Featuregast auf dem Lied Ahnma der Beginner, das 20 Wochen in den deutschen Charts war. Das dazugehörige Video erschien am 3. Juni 2016 und wurde über 30 Millionen Mal auf YouTube aufgerufen. In der Folge wurde das Werk zum iTunes-Song des Jahres 2016 gekürt, wie die Beginner auf ihrer Facebookseite bekannt gaben.
Gentleman ist Mitglied des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln.
Gentleman ist seit 2008 enger Partner von Viva con Agua, die durch ihre Spenden Brunnen in Afrika bauen. Beide organisieren regelmäßig ein Benefiz-Fußballspiel. Ebenfalls unterstützt er das Projekt „Gemeinsam für Afrika“ und trat mehrfach in den Kinderhospizstationen der Kölner Universitätskliniken auf.
1 Live Krone
Comet
ECHO Pop
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Als Gastsänger