[[Datei:Harold Lloyd 1925.jpg|miniatur|hochkant|Harold Lloyd und seine Ehefrau Mildred Davis (1925)]]
[[Datei:Lloyd, Harold (I Do) 02.jpg|miniatur|Lloyd 1921 in ''Vaterfreuden'']]
'''Harold Clayton Lloyd''' (* 20. April 1893 in Burchard, Nebraska; † 8. März 1971 in Beverly Hills, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schauspieler und einer der großen Komiker des Stummfilms. Er spielte in rund 200 Filmen und ist bekannt für seine ausgedehnten Verfolgungsjagdszenen und akrobatischen Meisterstücke, speziell das Klettern an Wolkenkratzern in schwindelnder Höhe. Letzteres wurde von ihm in insgesamt sechs Filmen praktiziert, Cineasten schufen für diese Art von Komik den Begriff ''thrill comedy''. Lloyd, der viele seiner Stunts selbst ausführte, war auch Gründungsmitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences.
== Leben ==
Harold Lloyd wurde als Sohn von James Darsie Lloyd (1864–1947) und Elizabeth Fraser (?–1941) in Burchard geboren. Er hatte einen Bruder, Gaylord Lloyd (1888–1943), der später in mehreren seiner Filme mitwirkte. Er ging in Denver und San Diego zur Schule und erhielt zusätzlich Unterricht in der ''School of Dramatic Art'', San Diego. Die Familie zog auf der Suche nach Arbeit oft um. Anfangs verdingte sich Lloyd oft bei Wandertheatertruppen für Hilfsarbeiten, um Geld zu verdienen. Im Alter von zwölf Jahren stand er das erste Mal als ''Little Abe'' in ''Tess von den d’Urbervilles'' selbst auf der Bühne.
=== Stummfilm (1913–1928) ===
Seine eigentliche Karriere begann Lloyd 1913 als Statist für die Thomas-Edison-Filmgesellschaft und wenig später die Universal Studios, wo er Hal Roach kennenlernte. Dieser war 1914 Mitbegründer der auf kurze Komödien spezialisierten Firma ''Rolin'', für die er Lloyd mit an Bord holte. Wegen Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Bezahlung wechselte Lloyd bald zu Mack Sennetts Keystone, während Roach, der keinen adäquaten Ersatz für Lloyd finden konnte, sich eine Zeitlang als Regisseur für die Essanay verdingte.
Als die Firma Pathé für den Vertrieb gewonnen werden konnte, rauften sich die beiden Freunde Mitte 1915 als ''Rolin Phunphilm Company'' wieder zusammen. Eine Serie von Stummfilmkomödien, in deren Mittelpunkt der an Charlie Chaplin orientierte Charakter ''Lonesome Luke'' stand, brachte Lloyd nun seine ersten bescheidenen Erfolge. Im selben Jahr stießen auch Bebe Daniels und Snub Pollard hinzu, die bis zum Ende der Dekade die wichtigsten Partner des Komikers bleiben sollten. Daniels war das Mädchen, das es zu erobern galt, Pollard in der Regel der Gegenspieler. Zu weiteren häufigen Lloyd-Mitstreitern wurden der kleinwüchsige Sammy Brooks (von 1916 bis 1924) sowie Noah Young (von 1918 bis 1934), der in der Regel als begriffsstutziger Muskelprotz besetzt war.
Nach etlichen Kurzfilmen wurde ''Luke'' gegen Ende 1917 aufgegeben und Lloyd entwickelte stattdessen die Leinwandfigur, mit der er berühmt wurde: Er ließ das Make-Up weg und legte sich eine kreisrunde Hornbrille, einen Strohhut (alternativ auch eine Schiebermütze) und den konventionellen Anzug eines jungen Angestellten zu. Charakterlich bot die neue Figur anfangs jedoch kaum einen Unterschied zum Vorgänger: Lloyd spielte weiterhin einen ungeschliffenen Draufgänger und ließ den romantisch angehauchten Gentleman späterer Jahre vorerst nur sporadisch durchscheinen.
Die nur schleppende Weiterentwicklung des Komikers bewog letztlich auch seine Partnerin und Geliebte, Bebe Daniels, sich nach zahllosen Kurzfilmen von ihm zu trennen und stattdessen in Cecil B. DeMilles Salonkomödien mitzuwirken. Sie wurde 1919 durch Mildred Davis ersetzt, die nach ihrer Heirat mit Lloyd im Jahr 1923 auf dessen Wunsch hin ihre Filmkarriere aufgab. Ihre Nachfolgerin bis 1927 war Jobyna Ralston, die einigen Quellen zufolge auch im realen Leben eine Zeitlang Harolds „love interest“ war.
Snub Pollard verabschiedete sich kurz nach Bebe Daniels für eine eigene Kurzfilm-Reihe bei Roach, nachdem Lloyd aufgrund eines schweren Unfalls für unbestimmte Zeit pausieren musste: Während der Dreharbeiten zu ''Haunted Spooks'' war am 23. August 1919 bei Werbeaufnahmen eine versehentlich scharfe Bombe explodiert, der Lloyds halbe rechte Hand sowie vorübergehend sein Augenlicht zum Opfer fielen. Nach viereinhalb Monaten konnten die Dreharbeiten weitergehen, die verkrüppelte Hand wurde fortan in allen Filmen durch Spezialhandschuhe kaschiert.
Ende 1919 hatte sich die Länge von Lloyds Filmen auf zwei Rollen verdoppelt (ca. 20-25 Minuten), was mit einer erkennbaren Qualitätssteigerung und Lloyds endgültigem Durchbruch als Komiker von Rang einherging. Der ursprünglich als Zweiakter geplante Film ''A Sailor-Made Man'' (1921) schließlich wuchs während der Dreharbeiten zu einer Dauer von ca. 45 Minuten an und wird oft als sein erster Langfilm gewertet. Lloyd selbst gestand diese Bezeichnung erst seinem nächsten Werk zu, ''Grandma’s Boy'' (1922). Dieser Film verhalf dem Rollentypus zum Durchbruch, mit dem Lloyd heute identifiziert wird (obwohl er nicht darauf festgelegt war): ein von seinen Mitbürgern unterschätzter Durchschnittsmann, der manche Demütigung ertragen muss, bevor er es mit Gewitztheit, körperlicher Agilität und unerschütterlichem Aufstiegswillen allen zeigt.
Mit ''Safety Last'' kam 1923 Lloyds wohl bekanntester Film in die Kinos, der seine typische Hochhaus-Kletterei, die hier zugleich den Aufstieg der Filmfigur symbolisiert, perfekt in die Handlung integriert. Auch die berühmte Szene, in der der Komiker am Zeiger einer Uhr hängt, stammt aus diesem Film. Als weiteres Hauptwerk gilt ''The Freshman'' (1925, später Hauptbestandteil des Kompilationsfilms ''Harold Lloyd’s Funny Side of Life''), in dem Lloyd einen verspotteten Studenten spielt, der schließlich zum Rugby-Star des College-Teams avanciert. Beim breiten Publikum zu Unrecht weniger bekannt ist ''The Kid Brother'' (1927) mit Lloyd als vermeintlichem Weichling im Wilden Westen, der von vielen Kritikern und Fans als das eigentliche Meisterwerk des Komikers angesehen wird. Erwähnenswert ist zudem die Verfolgungsjagd aus ''Girl Shy'' (1924), die zu den spektakulärsten der Filmgeschichte gehört. Insgesamt entstanden zehn (oder elf, je nach Sichtweise) stumme Langfilme, die Harold Lloyds heutigen Ruhm als einer der "Großen Drei" der Stummfilmkomödie begründeten.
=== Tonfilm (1929–1951) ===
Ab 1929 begann Lloyd, Tonfilme zu drehen. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen bereitete ihm der Übergang zum neuen Medium zunächst keine Probleme. Der Versuch, an den Erfolg von ''Safety Last'' anzuknüpfen, schlug allerdings 1930 mit ''Feet First'' fehl: der Ton brachte eine zu realistische Note ins Spiel, sodass der Thrill letztlich die Komik überlagerte. Dennoch wird dieses Werk zusammen mit ''Movie Crazy'' und ''The Milky Way'' heute als Lloyds bester Tonfilm gewürdigt.
Im Laufe der 30er Jahre ließ die Popularität Lloyds stark nach, da das Publikum der Depressionszeit sich mit seinem um sich selbst kreisenden Rollentypus nicht mehr identifizieren konnte. Nach dem kommerziellen Misserfolg seines sechsten Tonfilms ''Professor Beware'' gab er 1938 das Schauspielern vorerst auf und versuchte sich anschließend als Produzent der Komödien ''A Girl, a Guy, and a Gob'' (1941) und ''My Favorite Spy'' (1942). 1944/45 war er Gastgeber der NBC-Radiosendung ''The Old Gold Comedy Theater''.
1947 konnte ihn Komödienregisseur und -autor Preston Sturges noch einmal zu einem vielversprechenden Filmprojekt überreden: Die Screwball-Komödie ''The Sin of Harold Diddlebock'' knüpfte an das Ende von ''The Freshman'' an und war als krönender Abschluss von Lloyds Karriere gedacht. Während der Dreharbeiten kam es jedoch zu ständigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Lloyd und Sturges, zwei Meistern ihres Fachs mit jeweils ausgeprägter Persönlichkeit, sodass schließlich keiner der beiden mit dem Endprodukt zufrieden war. An den Kinokassen erwies sich der Film letztlich als herber Flop, ebenso wie eine von Produzent Howard Hughes gestraffte und mit Alternativmaterial versehene Version, die 1950 unter dem Titel ''Mad Wednesday'' veröffentlicht wurde. Die Uneinheitlichkeit dieses historisch interessanten Films spiegelt sich bis heute in seiner sehr unterschiedlichen Rezeption wider.
=== Privatleben ===
In den 1950er Jahren zog sich der nach wie vor sehr wohlhabende Lloyd endgültig ins Privatleben zurück, um sich seinen diversen Hobbys zu widmen, z.B. der Akt- und 3D-Fotografie. Privat experimentierte der Komiker auch mit Farbfilmen, die ersten beiden wurden auf ''Green Acres'', seinem riesigen Grundstück in Beverly Hills, gedreht, gelangten aber nie ans Licht der Öffentlichkeit. Seit Februar 1923 war er mit seiner langjährigen Filmpartnerin Mildred Davis (* 1. Januar 1900; † 18. August 1969) verheiratet, mit der er zwei Kinder hatte: Gloria (* 1923) und Harold (* 1931); Marjorie wurde im Jahre 1930 adoptiert. Lloyd engagierte sich für die Republikanische Partei.
1925 wurde er in den Bund der Freimaurer aufgenommen, seine Loge die ''Alexander Hamilton Lodge No. 535'', liegt in Hollywood, zudem bekleidete er ab 1963 das Amt des Präsidenten der Shriners.
Gegen Ende seines Lebens produzierte Lloyd, dessen Autobiografie bereits 1928 erschienen war, noch zwei Dokumentarfilme, die unter anderem aus Szenen seiner alten Komödien bestanden: ''Harold Lloyd’s World of Comedy'' (1962) und ''Harold Lloyd’s Funny Side of Life'' (1963). Diese Kompilationsfilme weckten ein erneutes Interesse an der Arbeit des Komikers – aus rechtlichen Gründen war es jedoch erst 1974 (nach Lloyds Tod) möglich, seine Filme in ihrer integralen Fassung wiederaufzuführen. Der Time-Life-Konzern hatte die Rechte erworben und wertete die Filme im Kino sowie im Fernsehen erneut aus.
Harold Lloyd starb im Alter von 77 Jahren am 8. März 1971 an Prostatakrebs. Er liegt auf dem Friedhof ''Forest Lawn Memorial Park'' in Glendale, Kalifornien, begraben.
== Ehrungen ==
[[Datei:Harold Lloyd Hollywood Walk of Fame.jpg|miniatur|Stern auf dem Walk of Fame]]
* 1951 wurde Lloyd für einen Golden Globe als Bester Schauspieler nominiert.
* 1953 erhielt er den Ehren-Oscar als herausragender Komödiant.
* Lloyd hat einen Stern auf dem Walk of Fame (Nähe 6840 Hollywood Blvd. und 1501 Vine Street) in Hollywood.
* Der United States Postal Service veröffentlichte 1994 eine 29-Cent-Briefmarke zu Ehren des Komikers (entworfen von Al Hirschfeld).