Joan Baez [dʒəʊn ˈbaɪəz] (* 9. Januar 1941 als Joan Chandos Báez in Staten Island, New York City) ist eine US-amerikanische Folk-Sängerin und -Gitarristin, Bürgerrechtlerin und Pazifistin, die ab Ende der 1950er Jahre vor allem durch ihre klare Gesangsstimme und ihr politisches Engagement gegen den Vietnamkrieg und die Rassentrennung bekannt geworden ist.
Joan Baez kam 1941 als zweite Tochter von Albert Baez und Joan Bridge in Staten Island zur Welt. Ihr Großvater väterlicherseits war in Mexiko aus der katholischen Kirche ausgetreten, wurde methodistischer Pastor und zog 1914 nach New York City. Ihre Eltern waren ursprünglich ebenfalls Methodisten, traten aber noch in der frühen Kindheit Joan Baez’ zum Quäkertum über.
Ihre Mutter war Schottin und in Edinburgh geboren. Ihr Vater, ein Physiker, gab seine Tätigkeit in der Rüstungsindustrie auf. Diese idealistische Einstellung des Vaters mag Einfluss auf Baez’ späteres politisches Engagement gegen den Vietnamkrieg und für die Bürgerrechte gehabt haben. Wegen ihrer dunkleren Hautfarbe wurde sie während ihrer Kindheit öfter als „Nigger“ bezeichnet, Nachbarskindern wurde untersagt, mit ihr zu spielen. Aus beruflichen Gründen des Vaters zog die Familie häufig um. Stationen waren u. a. Palo Alto, Boston, Paris, Rom und Bagdad. Da ihr Vater eine Stelle als Dozent am Massachusetts Institute of Technology erhalten hatte, zog die ganze Familie im Spätsommer 1958 erneut um, diesmal nach Belmont in Massachusetts.
1956 hatte sie zum ersten Mal eine Rede des jungen Martin Luther King gehört und von ihren Eltern eine Gitarre geschenkt bekommen, wodurch der Grundstein für die beiden wichtigsten Aktivitäten ihres Lebens gelegt wurde. Zuvor hatte sie sich das Ukulelespielen beigebracht. Später kaufte sie sich vom ersten selbstverdienten Geld eine Gibson-Gitarre. Erste musikalische Einflüsse durch Schallplatten, die sie im Elternhaus hörte, waren der Folkmusiker Pete Seeger und der Sänger Harry Belafonte. Auf einigen frühen Aufnahmen imitiert Baez hörbar Belafontes Calypso-Sound; Baez und Belafonte kamen sich in späteren Jahren durch gemeinsame politische Aktivitäten näher. Wichtig wurde für die junge Sängerin nach eigenen Angaben auch Rhythm and Blues, so, wie insgesamt die Musik des schwarzen Amerika sie mehr beeinflusst habe als die des weißen.
Baez hatte schon als Schülerin ihre Mitschüler mit Schulhof-Konzerten unterhalten. Nach Beendigung der High School schrieb sie sich zwar an der Boston University ein, konzentrierte sich aber bald nur noch auf ihre Gesangskarriere. Diese begann 1959 mit einigen Auftritten im Club 47, einem Folk-Club in Cambridge, der Hochburg des US-amerikanischen Folk-Revivals. Filmaufnahmen aus dieser Zeit zeigen die Sängerin beim Vortrag traurig-melancholischer Traditionals; eigene Songs oder solche von Kollegen ihrer Zeit hatte sie noch nicht in ihrem Repertoire. Bald hatte sie erste Fans und nahm an den Aufnahmen der Langspielplatte LP Folksingers ’Round Harvard Square teil, die bei einem kleinen Musiklabel aus Boston erschien. Ebenfalls 1959 erreichte sie auf dem renommierten Newport Folk Festival zum ersten Mal ein größeres Publikum. Gemeinsam mit Bob Gibson, der während seines Auftrittes Baez als unangemeldeten Überraschungsgast auf die Bühne holte, sang sie zwei Duette (Virgin Mary Had One Son, We Are Crossing the Jordan River), was sie laut ihrer Autobiografie über Nacht zum gefeierten Folkstar gemacht hat.
In den Anfangsjahren ihrer Karriere litt Joan Baez an schweren Lampenfieber-Attacken, zeitweise verstärkt durch Agoraphobie. Manchmal habe sie vor lauter Angst einen Konzertauftritt unterbrechen müssen, habe sich im Waschraum mit Wasser erfrischt, ein wenig geweint und sei dann wieder auf die Bühne gegangen. Niemand habe etwas bemerkt oder bemerken wollen. Manchmal sei die Angst vor einem Konzert so groß geworden, dass sie noch nicht einmal das elterliche Haus habe verlassen können. Nur ihre Schwester Mimi, die sie zu den Konzerten begleitete, habe davon gewusst und sie bei der Bewältigung dieses Problems unterstützt. Das Lampenfieber habe sie noch lange begleitet. Heute sei sie davon befreit und gehe entspannt auf die Bühne.
Ihre erste Solo-LP erschien ein Jahr später unter dem Titel Joan Baez bei Vanguard Records. Das Nachfolgealbum Joan Baez Vol. 2 (1961) erhielt in den USA Goldstatus, genauso wie beide Teile von Joan Baez in Concert von 1962. 1961 ging sie außerdem auf eine USA-Tournee und lernte dabei Bob Dylan kennen, der im Vorprogramm von John Lee Hooker auftrat. Sie begann, seine Songs zu interpretieren, und stellte ihn ihrem Publikum vor. Aus der anfänglich beruflichen wurde bald auch eine private Beziehung; die beiden wurden ein Paar. Baez bezeichnete 2009 in dem Dokumentarfilm Joan Baez von Mary Wharton die Begegnung mit Dylan als ihren künstlerischen Durchbruch. Dylan erinnert sich im selben Film vor allem an den harmonischen Zusammenklang ihrer Stimmen und das Besondere an Baez’, zum Teil virtuosen und komplizierten Gitarrenspiel, das keiner außer ihr in dieser Form beherrscht habe. So komponierte John W. Duarte auf eine Anregung von Sharon Isbin hin eine Joan-Baez-Suite zu Ehren der großen Folkgitarristin und -sängerin.
In der ersten Hälfte der 1960er-Jahre stand sie mit an der Spitze der Folkbewegung. Bereits zu dieser Zeit beeinflusste ihr Stil Künstlerinnen wie Joni Mitchell, Bonnie Raitt und Judy Collins. 1962, auf einer Tournee durch die Südstaaten, entschloss sie sich, nur noch dort aufzutreten, wo es keine Rassenschranken gab. Somit blieben ihr in den USA nur die schwarzen Universitäten. Am 28. August 1963 sang sie auf dem Civil Rights March das berühmte We Shall Overcome, das in den folgenden Jahren quasi zu ihrem sängerischen Markenzeichen wurde. Außerdem trat sie dort zusammen mit Dylan auf. Bezogen vor allem auf die 1960er Jahre wurde sie rückblickend als „Stimme und Gewissen ihrer Generation“ bezeichnet.
Genau wie Dylan wurde auch sie von der British Invasion beeinflusst und begann ihre akustische Gitarre durch Bass und E-Gitarre zu verstärken, was bereits auf Farewell, Angelina (1965) zu hören ist. Kurz zuvor hatte Dylan begonnen, Folk mit Rockmusik zu verknüpfen, indem auch er seine Gitarre elektrisch verstärkte und mit einer Begleitband auftrat. Da Baez sich von Dylan auf dessen Englandtour 1965 vernachlässigt fühlte, er sie auch kein einziges Mal bat, mit ihm aufzutreten, ging die Beziehung im folgenden Jahr in die Brüche. Nach eigenen Angaben hatte Baez, die selbst keine Drogen nahm, zudem Probleme mit dem hohen Drogenkonsum der Bandmitglieder während der Tournee.
Gegen Ende des Jahrzehnts experimentierte Baez mit Lyrik, zu hören auf Baptism; A Journey Through Our Time (1968). Das Album ist eine Sammlung von Gedichten, die entweder gesprochen oder mit orchestraler Begleitung vorgetragen wurden. Im selben Jahr heiratete sie den Kalifornier David Harris, einen bekannten Gegner des Vietnamkrieges und Kriegsdienstverweigerer. Als Fan der Country-Musik beeinflusste er ihre Musik in diese Richtung, was auf David’s Album aus dem Jahr 1969 hörbar ist. Dieses Album enthält unter anderem das Traditional Poor Wayfaring Stranger, bei dem sie von ihrer Schwester Mimi Fariña begleitet wird, und Will the Circle Be Unbroken mit Elvis Presleys ehemaligen Backgroundsängern The Jordanaires.
1969 trat sie auf dem Woodstock-Festival auf. Die schwangere Sängerin nutzte dieses große Forum, um die Missstände in der Welt anzuprangern. Sie thematisierte zudem die Inhaftierung ihres Ehemanns, der zu dieser Zeit eine dreijährige Freiheitsstrafe verbüßte und einen Hungerstreik unter den Mithäftlingen initiiert hatte, nachdem er aus einem Bezirksgefängnis in ein schärfer bewachtes Bundesgefängnis verlegt worden war. Anschließend nahm sie ihre Gitarre und sang den Gospel Swing Low, Sweet Chariot. Nachdem ihr Sohn geboren war, besuchte sie mit ihm den Vater im Gefängnis. Die Ehe mit Harris wurde 1973 geschieden.
1971 coverte sie The Night They Drove Old Dixie Down von The Band und hatte damit einen Top-10-Hit in den USA. Mit dem 1972er-Album Come From the Shadows wechselte sie zu A&M Records, wo sich ihre Musik in Richtung Mainstream-Pop veränderte und sie begann, selbst Songs für das 1975er-Album Diamonds & Rust zu schreiben. Der Titelsong behandelt ihre missglückte Liebesbeziehung zu Bob Dylan. Die Zeile „My poetry was lousy you’ve said.“ („Meine Lyrik sei miserabel, hast du mir gesagt.“) deutet auch auf künstlerische Differenzen der beiden hin. Diamonds & Rust hielt sich 46 Wochen in den US-Charts und war sowohl bei Kritik als auch kommerziell ein großer Erfolg. Der Titelsong zählt neben Speaking of Dreams zu den bekanntesten Eigenkompositionen von Baez. Er wurde mehrfach gecovert, unter anderem 1977 von Judas Priest und 2003 von Blackmore’s Night.
Anfang der 1970er Jahre wirkte Joan Baez an den Soundtracks von zwei international erfolgreichen Kinoproduktionen mit. So sang sie 1971 zur Musik Ennio Morricones die Lieder zum italienisch-französischen Justizdrama Sacco e Vanzetti (vgl. Sacco und Vanzetti) von Regisseur Giuliano Montaldo. Aus diesem Film wurde insbesondere das als eine Art Hymne für die Opfer politischer Justiz verbreitete Lied Here's to you weltbekannt und vielfach adaptiert. 1972 sang sie die Texte der von Peter Schickele komponierten Songs im von Douglas Trumbull gedrehten ökologisch ambitionierten US-amerikanischen Science-Fiction-Film Silent Running (deutscher Titel: Lautlos im Weltraum).
1972 trat Joan Baez zusammen mit B. B. King und den Voices of East Harlem im Gefängnis Sing Sing im Bundesstaat New York auf. Anders als viele ihrer Kollegen waren sie bereit, eine Filmprojektgruppe aus dem Gefängnis zu unterstützen und bei einem Abschlusskonzert mitzuwirken. Dort trat Baez für Toleranz und Verständnis für Strafgefangene ein. Für den Film, der aus Interviews mit den Gefangenen und Gefängnispersonal, Aufnahmen der Vorbereitungen für das Konzert und eben den Auftritten der Künstler selbst besteht, hat sie den Titelsong Sing Sing Ossining eingespielt.
1975 und 1976 folgte mit der Rolling Thunder Revue ihre zweite Tournee mit Dylan. Auf dieser Tournee, die unpolitisch war und viele clowneske Elemente enthielt, war Baez laut Dylan so unbeschwert und innerlich gelöst wie noch nie. Filmaufnahmen zeigen eine tanzende, springende und herumalbernde Joan Baez, gegen ihre Gewohnheit in verrückten Outfits, stark geschminkt, mit Modeschmuck und lackierten Fingernägeln. Baez erinnert sich, dass sie diese von Politik unbeschwerte Tournee als Erholung empfand; über einen längeren Zeitraum hätte sie eine unpolitische Lebensweise allerdings nicht ausgehalten. 1978 spielte Baez als „Frau in Weiß“ gemeinsam mit Dylans Ex-Frau Sarah in dessen Film Renaldo and Clara mit. Es gab für sie zu der damaligen Zeit in Argentinien ein durch die Junta verordnetes Auftritts- und Berichterstattungsverbot.
Sie wechselte kurzzeitig zu CBS Records, war aber für ihr Live Europe ’83 von 1984 ohne ein US-amerikanisches Label. Dafür eröffnete sie 1985 das Live-Aid-Konzert, nachdem sie im Jahr zuvor erneut auf Europatournee mit Dylan gewesen war. 1987 folgte das nächste Album in den USA, Recently auf dem Label Gold Castle Records. 1988 trat sie unter dem Namen 3 Voices auf einigen Konzerten gemeinsam mit Konstantin Wecker und Mercedes Sosa auf. Ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum feierte sie 1989 mit dem Album Speaking of Dreams. Für das 1992er-Album Play Me Backwards wechselte sie erneut die Plattenfirma, diesmal ging sie zu Virgin Records. Play Me Backwards brachte Joan eine Grammy-Nominierung ein.
Kurz vor ihrem 50. Geburtstag 1991 engagierte sie zum ersten Mal einen Manager und nahm Gesangsunterricht. Außerdem unterzog sie sich einer Psychotherapie. Seit dieser Zeit spielt sie bei Plattenaufnahmen nur noch sehr selten Instrumente, sondern konzentriert sich weit mehr auf ihren Gesang. Bei Live-Tourneen spielt sie die Gitarre nach wie vor selbst. Ring Them Bells, ein vielbeachtetes Live-Album, veröffentlichte sie 1995 gemeinsam mit einigen Freundinnen und Kolleginnen (Dar Williams, Indigo Girls, Tish Hinojosa, Janis Ian, Mary Black, Kate & Anna McGarrigle und Mary Chapin Carpenter) sowie ihrer Schwester Mimi Fariña. Mit den Indigo Girls ist sie mehrfach bei Konzerten aufgetreten, mit Janis Ian 1994 bei einem Benefizkonzert für die National Gay and Lesbian Task Force.
2004 und 2005 tourte sie durch die USA, 2006 durch mehrere Städte Deutschlands, 2008 gab sie Konzerte beim Glastonbury Festival in England und beim Montreux Jazz Festival in der Schweiz. 2009 stand sie beim 50. Jubiläum des Newport Folk Festivals, das ihr 50 Jahre zuvor den Durchbruch beschert hatte, auf der Bühne. Zu ihren Interpretationen gehören klassische US-Traditionals und -Folksongs wie House of the Rising Sun, Barbara Allen, Lieder von Pete Seeger, Woody Guthrie und Bob Dylan, aber auch zahlreiche Lieder auf Spanisch und vereinzelt in anderen Sprachen wie Italienisch, Französisch, Russisch und Deutsch (Kinder von Bettina Wegner). Baez belässt es aber nicht bei traditionellem Liedgut: So interpretiert sie auf ihrem letzten Album Day After Tomorrow (2008) zeitgenössische Folk-Songs, unter anderem aus der Feder von Steve Earle, der auch das Album produzierte. Auch dieses Album wurde für einen Grammy nominiert. Baez war zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in den Billboard-Charts platziert.
Sie interpretierte auch vielfach (zum Beispiel in Woodstock) den berühmten Folksong über den amerikanischen Arbeiterführer Joe Hill mit dem Titel I dreamed I saw Joe Hill last night aus der Feder von Alfred Hayes und Earl Robinson. Auch trug sie wesentlich dazu bei, das ursprünglich jiddische Lied Donna Donna weltweit bekannt zu machen.
Neben ihrer Musik engagierte sich Joan Baez früh politisch und setzte sich für Minderheiten auf der ganzen Welt, für den Pazifismus und gegen die Rassentrennung in ihrer Heimat ein. Nachhaltig beeinflusst wurde sie durch den afroamerikanischen Sprecher der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights Movement) Martin Luther King, den sie bei einem Quäker-Seminar als Schülerin zum ersten Mal reden hörte. Baez blieb King bis zu dessen Ermordung verbunden und arbeitete bei zahlreichen politischen Aktionen mit ihm zusammen.
Ihr politisches Engagement begann 1957, als sie sich aus zivilem Ungehorsam weigerte, das Klassenzimmer während einer Luftschutzübung zu verlassen, da die Übung sinnlos sei. Zuvor hatte sie mit ihrem Vater ausgerechnet, dass die Schüler unmöglich die Schutzräume erreichen könnten, bevor, wie in der Übung suggeriert, Raketen aus der Sowjetunion ihren damaligen Wohnort Palo Alto in Kalifornien erreicht hätten. Der Vorfall um die „besserwisserische“ Schülerin wurde in der Lokalpresse groß aufgemacht und brachte Baez den Ruf ein, Kommunistin zu sein. Kurz darauf verließ die Familie den Ort. Noch im selben Jahr traf sie Ira Sandperl (1923–2013), einen Friedensaktivisten im kalifornischen Menlo Park, der sich auf die Lehren Mahatma Gandhis berief und zu ihrem aktivistischen Mentor wurde. Er half ihr durch seine Ansichten zum Pazifismus auch dabei, das zeitweise schwierige Verhältnis zu ihrer Schwester Mimi zu verbessern. Joan Baez sollte sich, so Sandperl, bei jeder ihrer Aktivitäten immer vorstellen, dass es die letzte Stunde ihres Lebens sei, was ihr offenbar im Umgang mit Mimi half. Außerdem gründete er mit ihr zusammen das kalifornische Institut zur Untersuchung von Gewaltlosigkeit, The Institute for the Study of Nonviolence, aus dem später das Resource Center for Nonviolence wurde, das 2005 über den Golfkrieg und seine Auswirkungen berichtete.
Gewaltlosigkeit wurde zu einer wichtigen Vokabel in Joan Baez’ politischem Wortschatz, auch gegenüber dem politischen Gegner und, zum Beispiel bei Demonstrationen, gegenüber der Polizei. Bürgerrechtler Jesse Jackson, Weggefährte und Freund, erinnert sich in Mary Whartons Joan-Baez-Dokumentation daran, dass bei politischen Veranstaltungen auch unter schwierigen, politisch-emotional aufgeladenen Bedingungen (z. B. als Steine auf schwarze Schüler geworfen wurden, die in eine weiße Schule gingen), Joan Baez immer darauf gedrängt habe, dieses Wort mehrfach in die Reden einzuflechten, um die angespannte Situation zu deeskalieren.
In den 1960er Jahren zahlte sie einen Großteil ihrer Lohnsteuer auf ein Sperrkonto, um den Vietnamkrieg nicht mitzufinanzieren, unterstützte das Free Speech Movement – eine für Meinungsfreiheit und gegen den Krieg in Vietnam eintretende Studentenorganisation – und nahm an Ostermärschen in Deutschland teil. 1963 weigerte sie sich, in Shows von ABC aufzutreten, da der Sender den linken Musiker Pete Seeger boykottierte. Im selben Jahr sang sie auch zusammen mit Bob Dylan am Lincoln Memorial, als Martin Luther King nach Washington marschierte. Nachdem sie 1967 während der Beteiligung an einer Blockade der Zufahrt zu einem Armeekomplex zu einer Freiheitsstrafe von 10 Tagen verurteilt worden war, wurden alle ihre Platten aus den PX Stores in Europa entfernt. Sie wurde ein zweites Mal verhaftet und verbrachte insgesamt einen Monat im Gefängnis. Weiterhin gründete sie die West-Coast-Abteilung von Amnesty International. 1967 verweigerte ihr der konservative Frauenverein Töchter der Amerikanischen Revolution einen Auftritt in der Constitution Hall, wie es diese Frauenvereinigung bereits 1939 mit Marian Anderson wegen deren Hautfarbe getan hatte.
Joan Baez war an zahlreichen Protestmärschen und anderen politischen Aktionen gegen den Vietnamkrieg beteiligt. 1972 reiste sie in der Weihnachtszeit mit einer Delegation der Friedensbewegung nach Nordvietnam. Dort wurde sie von der US-Militäraktion Operation Linebacker II (bekannt auch als Christmas Day Bombing) überrascht, bei dem die US-Luftwaffe zwölf Tage lang Hanoi massiv bombardierte; viele Menschen wurden dabei getötet, die Stadt schwer beschädigt. Baez und ihre Mitreisenden überlebten den Angriff. Nach eigenen Angaben wurde sie vom Erlebnis schwer traumatisiert. Das 1973 erschienene Album Where Are You Now, My Son? gibt im gleichnamigen vertonten Gedicht, das mit live aufgenommenen Tonbandaufzeichnungen des Geschehens vor Ort untermalt ist, in einer Länge von etwa 21 Minuten die Eindrücke von Joan Baez’ Erleben in Hanoi wieder. Auch nach Beendigung des Vietnamkriegs engagierte sich Baez weiterhin in Südostasien. In den 1980er Jahren reiste sie mit einer humanitären Organisation nach Kambodscha, um Lebensmittel und Medikamente in den besonders notleidenden Westen des Landes zu bringen.
Als ihre Schwester Mimi 1972 die Organisation Bread & Roses gründete, half Joan Baez dabei intensiv mit. Die Organisation veranstaltet seitdem Konzerte in Krankenhäusern und Gefängnissen. Im August 1975 erhielt sie bei den ersten Rock Music Awards eine Auszeichnung für ihren Dienst an der Öffentlichkeit und wurde außerdem mit einem Feiertag (Joan Baez Day, am 2. August 1975) in Atlanta geehrt. Nachdem sie 1972 in einem Interview gesagt hatte, dass sie zehn Jahre zuvor eine lesbische Beziehung unterhalten hatte und sich als bisexuell sieht, gab sie 1978 einige Benefizkonzerte gegen die Proposition 6, die sogenannte Briggs-Initiative, die allen homosexuellen Lehrern den Unterricht an öffentlichen Schulen in Kalifornien verbieten wollte. Im selben Jahr beteiligte sie sich an Gedenkmärschen für den bei einem Attentat zusammen mit George Moscone, dem Bürgermeister San Franciscos, getöteten Politiker Harvey Milk, der sich als Schwuler geoutet hatte.
In Madrid sang sie 1977 nach dem Ende der Diktatur Francisco Francos unter anderem den Song We Shall Not be Moved (Spanisch No nos moverán), der 40 Jahre lang in Spanien verboten gewesen war. Sie sang gegen Diktaturen und Militärputsche in Südamerika und gründete 1979 die Menschenrechtsorganisation „Humanitas International Human Rights Committee“, die sich um Boatpeople aus Vietnam kümmerte. Sie leitete die Organisation, bis diese 1992 ihre Dienste einstellte.
In den 1980er Jahren unterstützte sie die Friedensbewegung. Sie spielte 1986 auf der von Amnesty International veranstalteten Tour Conspiracy of Hope zusammen mit Sting, Peter Gabriel und anderen. Václav Havel bezeichnete sie als „entscheidenden Einfluss auf die samtene Revolution“ in der Tschechoslowakei von 1989. Im selben Jahr veröffentlichte sie den Protestsong China, in dem sie die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes auf dem Tian’anmen-Platz (Tian’anmen-Massaker) anprangerte. 1992 war sie eine der ersten Künstlerinnen, die Bosnien-Herzegowina besuchten. Im kriegszerstörten Sarajevo ging sie, geschützt durch eine kugelsichere Weste, mit Begleitschutz durch die Straßen, sprach mit den Menschen und musizierte u. a. mit dem als Cellist von Sarajevo bekannten Straßenmusiker Vedran Smailović.
Im Jahre 2003 gab sie zusammen mit Steve Earle, Emmylou Harris und Billy Bragg Konzerte gegen den Einsatz von Landminen. Auch gegen den Irakkrieg meldete sie sich im August 2005 zu Wort, als sie Cindy Sheehan, die Mutter eines getöteten Soldaten, bei ihrem Camp an der Zufahrt zu George Bushs Ranch besuchte. Außerdem ist sie bis heute Sponsorin des Zentralkomitees für Kriegsdienstverweigerer in den USA. Sie unterstützte 2008 die Präsidentschaftkandidatur von Obama. 2010 zeigte sich Baez in der Öffentlichkeit kritisch gegenüber dem neuen verschärften Einwanderungsgesetz für Mexikaner im US-Bundesstaat Arizona und nutzt dazu Konzertauftritte in ihrer Heimat, so im Juli 2010 in Salt Lake City.
Baez hat eine zwei Jahre ältere Schwester; eine zweite Schwester, Margarita Mimi, die vier Jahre jünger und ebenfalls Sängerin und Gitarristin war, starb 2001. Mit dem Swallow Song findet man ein Duett der beiden Schwestern auf der Baez-Live-CD Ring them Bells von 1995. Der mathematische Physiker John Baez ist ihr Cousin. Im Dezember 1969 brachte Joan Baez ihren Sohn Gabriel Earl aus der Ehe mit David Harris zur Welt. Gabriel begleitet sie heute als Perkussionist ihrer Band.
Nach der Scheidung von Harris hatte sie kurze und wechselnde Beziehungen zu verschiedenen Partnern, so auch mit Steve Jobs, lebt aber seither als Single. Derzeit lebt sie gemeinsam mit ihrem Sohn Gabriel nebst Schwiegertochter und Enkelin in Woodside, Kalifornien. Auch ihre Mutter lebte bis zu ihrem Tod im Jahre 2013, kurz nach ihrem 100. Geburtstag, bei Baez. Auf ihrem Grundstück hat Baez ein Baumhaus, in dem sie einen großen Teil ihrer freien Zeit verbringt, meditiert und schreibt.
Anlässlich des 50. Jubiläums der Menschenrechtsorganisation Amnesty International erhielt Joan Baez als erste am 18. März 2011 in San Francisco den nach ihr benannten Award. Sie erhielt diese Ehrung für ihren herausragenden Einsatz im weltweiten Kampf für Menschenrechte und ihre mutige Menschenrechtsarbeit bei Amnesty International. In den kommenden Jahren soll diese Auszeichnung an Künstler aus den Bereichen Musik, Film u. ä. verliehen werden, die sich auf ähnliche Weise für Menschenrechte einsetzen.