Julia Neigel (* 19. April 1966 in Barnaul, Russische SFSR, Sowjetunion) ist eine deutsche Sängerin, Songwriterin und Musikproduzentin. Sie wurde anfänglich bekannt als Jule Neigel.

Leben und Wirken

Julia Neigel ist das jüngste von fünf Kindern einer russlanddeutschen Familie und hat einen Bruder und drei Schwestern. Sie wurde im sibirischen Barnaul geboren und verbrachte ab 1969 zwei Jahre in Tiraspol in Moldawien. Die Familie beantragte die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland und zog im Jahr 1971 nach Ludwigshafen am Rhein.

Mit der Blockflöte gewann sie einige Jugend-musiziert-Wettbewerbe, bis sie beschloss, die klassische Musik aufzugeben. Mit zwölf Jahren entdeckte sie für sich die Pop- und Rockmusik. Nach einem missglückten Versuch in einer Punkband sang sie mit 16 Jahren zum ersten Mal in einer regional bekannten Bluesband. Zu ihrer bevorzugten Musikrichtung entwickelte sich zu dieser Zeit die Soulmusik. 1981 gehörte sie zu dem Kader von Südwest Ludwigshafen, der den Aufstieg in die Handball-Bundesliga schaffte. 1984 bekam sie auf Grund ihrer herausragenden sportlichen Leistungen die Alfred-Maul-Gedächtnismedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen. Außerdem moderierte sie bei Radiosendern.

1988 gelang ihr mit einem Plattenvertrag und dem ersten Album der Jule Neigel Band „Schatten an der Wand“ der nationale Durchbruch. Das erfolgreichste Album ihrer früheren Veröffentlichungen mit der Jule Neigel Band war das 1994 veröffentlichte Werk „Herzlich Willkommen“, das sich wochenlang in den Top 10 hielt. Im Laufe ihrer Karriere absolvierte sie mehr als 2000 Konzerte.

Sie verkaufte bislang über 2 Millionen Alben. Ihr musikalisches Wirken erstreckt sich über viele Genres der Pop- und Rockmusik ebenso wie Funk, R ’n’ B. Sie wird seitens der Presse auch als „The Voice“ oder als die „Königin unter den deutschen Sängerinnen“ bezeichnet und als „schönste Stimme Deutschlands, die oft kopiert und nie erreicht“ wurde. Peter Maffay betitelte in BILD Neigel im Jahr 2008 als nach „wie vor die beste deutsche Sängerin“. Udo Lindenberg bezeichnet sie im Vorwort ihrer Biografie als „außerirdische Erscheinung“, die über eine „Performance“ verfügt, „die einen umhaut. Ihre Stimme, ihr Verstand, ihre Fitness, das alles zusammen macht das Gesamtkunstwerk Julia Neigel aus“. Die Sängerin hat einen Stimmumfang von mehr als 3 Oktaven.

Karriere

1982 hatte sie ihren ersten Auftritt mit der Band „Hopp’n Ex Group“. 1986 wurde Neigel Sängerin der Band The Stealers, aus der sich 1987 die Jule Neigel Band formierte. Im Frühsommer 1988 wurde das Lied Schatten an der Wand zu einem Hit (#30 in Deutschland). Im Herbst 1988 erschien das gleichnamige Album dazu, produziert von Ralf Zang. Weitere Singles der Jule Neigel Band, die in die deutschen Charts kamen, waren Heut’ Nacht (# 56 im September 1991) und Sehnsucht (# 78 im Mai 1994).

Im August 1989 absolvierte sie mit der Jule Neigel Band als eine der wenigen westdeutschen Künstlerinnen eine Tournee durch die DDR. Die in Kooperation mit westdeutschen Kultusministerien und der DDR organisierte Rockpoeten-Tour wurde gemeinsam mit Purple Schulz, Ulla Meinecke und Heinz Rudolf Kunze durchgeführt. Die Band tourte dabei durch Karl-Marx-Stadt, Suhl und Weimar. Die Tournee mündete am 22. August 1989 in Ost-Berlin-Weißensee in einem Konzert vor 120.000 Menschen und einer Live-Übertragung in der ARD. 1990 wirkte Neigel in der Sketchreihe Och Joh von Badesalz mit, 1992 hatte sie einen Gastauftritt in der Folge Der neue Anzug der Fernsehserie Familie Heinz Becker. Am 25. April 1991 trat die Künstlerin bei einem Jimi-Hendrix-Tribute-Konzert mit Simon Phillips und Jack Bruce für den Rockpalast im WDR auf. Im Sommer 1995 tourte sie als Sängerin der Jule Neigel Band bei der durch Fritz Rau initiierten ausverkauften Festivalreihe Rock over Germany.

Nach dem 1988 veröffentlichten Album Schatten an der Wand veröffentlichte die Jule Neigel Band mehrere Alben, die in die Charts gingen: 1990 Wilde Welt, 1991 Nur nach vorn, 1994 Herzlich Willkommen, 1996 Sphinx, 1998 Alles.

Seit 1987 arbeitet Neigel als Produzentin, Sängerin und Autorin. 1988 erhielt sie als erste Preisträgerin den GEMA-Textpreis, den Fred-Jay-Preis für herausragende Leistungen in der Textdichtkunst. Sie schrieb unter anderem die Texte Freiheit, die ich meine, Siehst Du die Sonne und Gib die Liebe nicht auf für Peter Maffay und trat auch mit ihm gemeinsam auf. Sie arbeitete bei ihren Alben mit Musikern wie Simon Phillips, Paco de Lucía und Helmut Zerlett zusammen. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, so mit Ehrungen als beste Sängerin national von der Zeitschrift Rolling Stone und dem Fachblatt Musikmagazin in den Jahren 1989 bis 1998.

2003 war sie Jury-Mitglied in der ZDF-Castingshow Die deutsche Stimme 2003. Am 10. Oktober 2005 veröffentlichte der britische Künstler David Knopfler auf seinem Album Ship of Dreams ein Duett mit Julia Neigel namens Tears Fall.

2006 veröffentlichte sie das Livealbum Stimme mit Flügeln.

Von Januar bis Mai 2010 trat sie mit Edo Zanki mit dem Projekt Rock’n Soul Tour in Doppelkonzerten live auf. Zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit (3. Oktober 2010) trat Julia Neigel gemeinsam mit Edo Zanki und Ulla Meinecke vor über 100.000 Zuschauern vor dem Brandenburger Tor in Berlin auf. Im April 2011 veröffentlichte Zanki auf seinem Album Zu viele Engel das Lied Lass uns ein Wunder sein von Rio Reiser als Duett mit Neigel.

Am 15. April 2011 erschien Neigels Album Neigelneu. Im selben Jahr trat sie mit dem Entertainer Ron Williams mit einem Big-Band-Projekt auf. Am 29. März 2011 gab Neigel in der Talk-Show Kölner Treff als Gründe für ihre langjährige Schaffenspause und ihren damaliger Rückzug aus der Öffentlichkeit die juristischen Streitigkeiten mit ihrer früheren Band sowie einen traumatisierenden Gewaltvorfall an, den sie 1995 erlebt hatte. Sie erklärte, dass sie mittlerweile aber geheilt sei, sich von ihrer früheren Band befreit habe und jetzt ihren Beruf wieder voll ausübe. Seither ist sie wieder mit Unplugged- und Rockprogramm und neuer Band auf deutschen Bühnen regelmäßig unterwegs. Am 2. Dezember 2011 trat Julia Neigel zusammen mit Peter Maffay, Udo Lindenberg, Silly und Clueso in Jena beim Festival „Rock ’n’ Roll in Jena – für eine bunte Republik Deutschland“ vor 60.000 Menschen auf.

2012 sang Neigel mit Heinz Rudolf Kunze auf dessen Album Ich bin im Duett den Titel Mit Leib und Seele. Im August 2012 war die Künstlerin als Jurorin der Talentshow „Einfach die Besten“ beim SWR tätig. Im Oktober 2012 erschien in Zusammenarbeit mit Arno Köster ihre Biografie unter dem Namen „Neigelnah – Freiheit, die ich meine“, eine Lesereise begleitete die Buchveröffentlichung. Von Oktober bis Dezember 2012 tourte die Sängerin mit Peter Maffays Musical Tabaluga und die Zeichen der Zeit in der Rolle der „Kameliendame“ durch Deutschland.

Julia Neigel sang, wie auch Wolfgang Niedecken und Toni Krahl, ein Duett mit Dieter Birr, auch Maschine genannt, auf seinem 2014 erschienenen zweiten Soloalbum. Birr war damals Sänger der Puhdys. Das Lied „Regen“ wurde mit einem Musikvideo veröffentlicht und war die erste Single des Albums. Von Januar bis März 2017 begleitete sie Dieter Birr als Duett-Partnerin auf seiner „Neubeginner“-Tour. Mit einem Projekt mit Stefan Gwildis und Big Band tourte sie 2018 durch die Republik. 2019 trat sie mit Dieter "Maschine" Birr bei Lieder auf Banz auf.

2019 ging Julia Neigel mit der Band Silly und AnNa R. auf Tour.

Soziales Engagement

Julia Neigel engagiert sich seit Beginn ihrer Karriere für soziale und karitative Zwecke, wie Toleranz, Humanität, für Kinder und für Opferschutz, Zivilcourage, Ärzte ohne Grenzen und gegen Rassismus. Am 23. Dezember 1992 trat sie zusammen mit Peter Maffay beim durch die Musikbranche organisierten Festival Heute die! Morgen Du! vor der Festhalle in Frankfurt vor 75.000 Menschen auf.

Am 3. September 2001 beteiligte sie sich am Benefizkonzert Menschen am Fluss für die finanzielle Rettung der Elbeflutopfer. Im Juni 2007 trat sie beim Protest gegen den G8-Gipfel in Rostock auf dem Marktplatz vor 25.000 Menschen auf. 2011 war in der SWR-Jury für die Aktion Ehrensache tätig, die ehrenamtliche Sozialdienste auszeichnet.

Sie ist im Stiftungskuratorium des Vereins Deutscher Rock & Pop Musikerverband, der den Deutschen Rock & Pop Preis vergibt, tätig und sitzt außerdem in der Jury für den Panikpreis, der durch die Udo-Lindenberg-Stiftung an junge Talente verliehen wird. Neigel ist außerdem Teil der Jury des Weihnachtssong Contest beim SWR Rheinland-Pfalz. Im Jahr 2010 war die Sängerin zudem für die Kinderhilfsaktion Herzenssache aktiv.

Sie unterstützt seit Jahren die Peter-Maffay-Stiftung für traumatisierte Kinder bei verschiedenen Events. Des Weiteren trifft sie sich mit israelischen, palästinensischen und deutschen Kindern zu einem internationalen Austausch des Verständnisses verschiedener Kulturen. Dabei geht es um Konfliktüberwindung durch Kreativität.

Für das Mannheimer Jobcenter nahm Neigel im Rahmen der Initiative Starke50, ein Teil des Bundesprogramms Perspektive 50plus, den selbstgeschriebenen Song Älter macht besser auf CD auf. Diesen Song stellte sie am 20. Dezember 2012 auf einem Konzert für Langzeitarbeitslose im Mannheimer Capitol vor. Ziel der Initiative ist es, Menschen über 50 Mut zu machen, aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszufinden.

Für ihr soziales Engagement im Kampf gegen Rassismus erhielt sie den Charlie Award des Campus Symposium.

Mit der Aufnahme in die SIGNS OF FAME wird unter anderem ihr außerordentliches soziales Engagement geehrt.

Prozess und Engagement zum Urheberrecht

Um die Urheberrechte zahlreicher Lieder gab es einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen Neigel und früheren Bandmitgliedern. Während sie in einem früheren Prozess im Jahr 2006 per Vergleich die Anerkennung einer 75-prozentigen Miturheberschaft an den Kompositionsrechten ihres ersten Hits 'Schatten an der Wand' erzielte, scheiterte sie 2012 vor dem Landgericht Mannheim mit der Klage auf Umregistrierung 66 weiterer Songs bei der GEMA und auf Schadensersatz. Sie legte dagegen Berufung ein. Am 9. November 2016 wurde die Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe abgewiesen. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Neigels Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 17. Mai 2018 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss erhob Neigel am 7. Juni 2018 eine Anhörungsrüge, die durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26. Juli 2018 zurückgewiesen wurde.

Julia Neigel engagiert sich für die Durchsetzung von Urheberrechtsansprüchen, vor allem auch im Internet. Von Juni 2012 bis Juli 2013 war sie ehrenamtliches stellvertretendes Aufsichtsratsmitglied der GEMA. In einem Interview des Online-Magazins Giga.de nahm sie Stellung zum Urheberrecht sowie zur GEMA und kritisierte Internetunternehmen wie YouTube sowie die Piratenpartei.

Duette

  • 2006: David Knopfler, Album Ship of Dreams, Titel „Tears Fall“
  • 2011: Edo Zanki, Album Zu viele Engel, Titel „Lass uns ein Wunder sein“
  • 2012: Heinz Rudolf Kunze, Album Ich bin, Titel „Mit Leib und Seele“
  • 2014: Dieter Birr, genannt „Maschine“, Album Maschine, Titel „Regen“

Weitere Werke

  • Biografie Neigelnah – Freiheit, die ich meine (zusammen mit dem Leipziger Journalisten Arno Köster), Gütersloh 2012. Als Buch: ISBN 978-3-579-06653-0, als Hörbuch: ISBN 978-3-641-09547-5

Auszeichnungen

  • 1989: Fred-Jay-Preis der GEMA für den besten Text
  • 1989: Best of Formel Eins für den besten Song
  • 1989: Goldene Note für Newcomer
  • 1989: Tigra-Award für Newcomer
  • 1990: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1991: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1992: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1993: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1994: Rolling Stone Poll: beste Sängerin national
  • 1994: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1995: RSH-Gold für beste Künstlerin
  • 1995: Rolling Stone Poll: beste Sängerin national
  • 1995: Echo-Nominierung für bestes Album und bestes Video
  • 1995: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1996: Echo-Nominierung für bestes Album und bestes Video
  • 1996: Preis der deutschen Schallplattenkritik für die beste Produktion Pop/Rock 1996
  • 1996: Rolling Stone Poll: beste Sängerin national
  • 1996: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1997: Echo-Nominierung für bester Live-Act
  • 1997: Fachblatt Musikmagazin Poll: beste Sängerin national
  • 1998: Echo-Nominierung für bestes Album
  • 2000: Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz für besondere musikalische Verdienste
  • 2014: Charlie Award des Campus Symposium für soziales Engagement im Kampf gegen Rassismus.
  • 2015: Ehrenpreis der Russlanddeutschen
  • 2017: Aufnahme in die SIGNS OF FAME
Quelle: Wikipedia