Lucio Dalla (* 4. März 1943 in Bologna; † 1. März 2012 in Montreux) war ein italienischer Musiker, Cantautore und Schauspieler.

Der ursprüngliche Jazzmusiker war einer der bedeutendsten und innovativsten italienischen Cantautori. Immer auf der Suche nach neuen Einflüssen, erkundete er verschiedenste musikalische Genres und arbeitete dabei mit einer Vielzahl bekannter nationaler und internationaler Künstler zusammen. Als Songwriter beschränkte er sich zunächst nur auf die Komposition, übernahm jedoch bald auch die Textdichtung und schrieb seine Texte selbst. In seiner über 50-jährigen Karriere spielte Dalla Klavier, Saxophon und Klarinette, wobei er die beiden letzteren schon als Kind erlernte.

Seine Karriere durchlief mehrere Phasen: von Beatmusik über rhythmische und musikalische Experimentierfreudigkeit zur canzone d’autore und bis an die Grenzen der Oper. Er erreichte auch außerhalb Italiens größere Bekanntheit und mehrere seiner Lieder wurden in andere Sprachen übertragen und im Ausland veröffentlicht.

Biografie

Kindheit

Lucio Dalla wurde in Bologna 1943 als Sohn von Giuseppe Dalla (1896–1950), Leiter eines Sportclubs, und der Modistin Jole Melotti (1901–1976) geboren, und wuchs in der Stadt auf. Schon 1950 verstarb der Vater an einem Tumor und die Mutter schrieb Lucio am Collegio Vescovile Pio X in Treviso ein, wo er die Grundschule durchlief und bereits in Schultheaterstücken auftrat.

Auch inspiriert von seinem Onkel Ariodante Dalla, der in den 1940ern und 1950ern als Sänger erfolgreich war, begann Lucio sehr jung, Akkordeon zu spielen. Seine Mutter erkannte sein Talent früh und ließ ihm viele Freiheiten. Mit 15 Jahren ging er nach Rom. Nach Abschluss der Pflichtschule versuchte er sich an Rechnungswesen, klassischem Lyzeum und Sprachengymnasium. Gleichzeitig trat er schon verschiedentlich als Musiker auf.

Jugend und Interesse am Jazz

Zurück in Bologna entwickelte Dalla ein großes Interesse für den Jazz. Schon zu seinem zehnten Geburtstag hatte er eine Klarinette geschenkt bekommen. Er erlernte das Instrument autodidaktisch und trat mit anderen Laienmusikern in der Stadt auf. Bald wurde er Klarinettist der Jazzformation Rheno Dixieland Band, bei der damals kurzzeitig auch Pupi Avati spielte. Bedeutsam war das Treffen mit dem US-amerikanischen Trompeter Chet Baker, der zu jener Zeit in Bologna lebte; mehrmals erhielt der junge Dalla die Möglichkeit, mit dem Jazzmusiker aufzutreten. Popmusik betrachtete er in diesem Alter sehr kritisch. Als Jazzer trat er später auch mit Bud Powell, Charles Mingus und Eric Dolphy auf.

Dalla machte bei seiner ersten Reise in den Süden des Landes Urlaub in Manfredonia (Apulien), außerdem erhielt seine Mutter ein Haus auf den Tremiti-Inseln geschenkt. Der Musiker blieb der Gegend und besonders Manfredonia sein Leben lang sehr verbunden; auf den Tremiti verbrachte er seine künftigen Urlaube und richtete dort später auch ein Aufnahmestudio ein. Er sah sich von den zwei kontrastierenden Lebensweisen des Nordens und Südens geprägt und begründete auch seine Religiosität mit den Erfahrungen des Südens.

Die 60er-Jahre

Debüt mit den Flippers

1960 nahm Dalla mit der Rheno Dixieland Band am ersten europäischen Jazzfestival in Antibes teil, wo die Gruppe auf dem ersten Platz landete. Zu jener Zeit begann er auch, erste eigene Titel zu schreiben, darunter Il prode invertito und Avevo un cane… adesso non ce l’ho più. Eine professionelle Gruppe, die Second Roman New Orleans Jazz Band, bestehend aus Maurizio Majorana, Mario Cantini, Peppino De Luca, Roberto Podio und Piero Saraceni, wurde auf Dalla aufmerksam. Mit dieser nahm er 1961 erstmals ein Lied in einem Tonstudio auf, als Klarinettist im Titel Telstar, das bei RCA als Single erschien.

Ende 1962 trat er den Flippers bei, einer Jazzformation aus Franco Bracardi (Klavier), Massimo Catalano (Trompete), Romolo Forlai (Vibraphon und Perkussion) und Fabrizio Zampa (Schlagzeug), in der Dalla neben Klarinette auch Saxophon spielte und zudem sang. Später spielte er auch mehrmals mit Edoardo Vianello, den die Flippers häufig begleiteten. Mit den Flippers erhielt Dalla auch seinen ersten Plattenvertrag. Bei einigen Auftritten in Turin stieß er auf den Unmut der Lokalbesitzer, da er häufig barfuß auftrat. Finanziell war er zu jener Zeit sehr eingeschränkt.

Als Sänger erhielt er nach und nach Aufmerksamkeit, besonders für seinen Scat-Gesang, der eines seiner Kennzeichen werden sollte. Erstmals zu hören war er damit auf dem Flippers-Album At Full Tilt, im Lied Hey You. Ein großer Bewunderer von James Brown, setzte er einen sehr rauen und unharmonischen Gesang ein, mit plötzlichen Tonveränderungen an den Grenzen der musikalischen Logik. Dadurch etablierte er ein Markenzeichen, das ihm auch die Aufmerksamkeit von Gino Paoli einbrachte, der ihn als ersten Soulsänger Italiens sah.

Am Gesangswettbewerb Cantagiro 1963 nahmen die Flippers zusammen mit Edoardo Vianello und dem Lied I Watussi teil. Dabei gelang es Gino Paoli, der selbst auch teilnahm, Lucio Dalla davon zu überzeugen, eine Solokarriere einzuschlagen und die Flippers zu verlassen.

Solokarriere: Cantagiro und Sanremo

1964, im Alter von 21 Jahren, nahm Dalla seine erste Single als Solist auf, mit den Liedern Lei (non è per me) (Text von Paoli und Sergio Bardotti) und Ma questa sera (Text von Bardotti), die bei ARC, im Verleih der RCA Italiana erschien, wie auch seine folgenden Singles und das Debütalbum. Seine erste Soloerfahrung beim Cantagiro jenes Jahres, wo er Lei (non è per me) präsentierte, erwies sich als Reinfall: Das Publikum bedachte ihn mit Pfiffen und bewarf ihn mit Tomaten.

Nach diesem Misserfolg holte Dalla sich 1966 eine Musikgruppe aus Bologna als Begleitband dazu, Gli Idoli, und nahm mit ihnen sein erstes Album auf, unter dem Titel 1999. Darauf waren unter anderem folgende zwei Lieder enthalten: Quand’ero soldato (mit dem Kritikerpreis beim Festival delle Rose bedacht) und Pafff… bum!. Letzteres präsentierte er beim Sanremo-Festival 1966, zusammen mit den Yardbirds. Schon 1967 kehrte er nach Sanremo zurück und sang Bisogna saper perdere, zusammen mit den Rokes von Shel Shapiro. 1967 war das Jahr des Suizids von Luigi Tenco, mit dem Dalla bereits zusammengearbeitet hatte und befreundet war.

Danach wandte er sich für eine Weile der Beatmusik zu. Lieder aus jener Phase waren etwa Lucio dove vai oder besonders Il cielo, mit dem er beim Festival delle Rose erneut den Kritikerpreis gewann. Auch hier fiel er durch sein nachlässiges Äußeres auf. Überhaupt war Dalla weithin für seine Spleens bekannt.

1968 trat er als Erzähler und Sänger im Episodenfilm Franco, Ciccio e le vedove allegre von Marino Girolami in Erscheinung und sang darin E dire che ti amo sowie Il cielo. Mit dem Lied Fumetto gelang ihm 1969 ein kleinerer Erfolg, da es von der Rai als Titelmelodie der Kindersendung Gli eroi di cartone verwendet wurde. 1970 schließlich veröffentlichte er das zweite Album Terra di Gaibola, das sich allerdings sehr schlecht verkaufte und von der RCA bald ganz aus dem Handel genommen wurde.

Die 70er-Jahre

Von 4/3/1943 bis Piazza Grande

1971 nahm er erneut am Sanremo-Festival teil, diesmal mit dem Lied 4/3/1943 (Text von Paola Pallottino), und landete auf dem dritten Platz. Zunächst als Gesù bambino (Jesuskind) betitelt, musste es für die Veranstaltung zensiert werden; der neue Titel war Dallas Geburtsdatum, obgleich der Text des Liedes (eine junge Frau erwartet ein Kind von einem unbekannten alliierten Soldaten) nicht autobiographisch ist. Auch weitere Textteile mussten zensiert werden. Das Lied wurde Dallas bis dahin größter Verkaufserfolg und erreichte Platz eins der Charts. Auf Französisch nahm Dalida das Lied (mt einem Text von Pierre Delanoë) auf und Chico Buarque brachte es mit portugiesischem Text erfolgreich nach Brasilien.

Im selben Jahr erschien das Album Storie di casa mia, das neben der Hitsingle eine Reihe von Liedern enthielt, die Dallas Bedeutung als Cantautore steigerten. Musikalisch zeichneten sie sich durch eine einfache und direkte Struktur aus, die gemäß dem Folk-Modell von Guccini und De André ausschließlich die Texte transportieren soll. Die Arrangements sind zurückhaltend und diskret und lenken nicht vom Schwerpunkt des Werkes, der erzählenden Stimme, ab. Die Texte von Baldazzi, Bardotti und Pallottino behandeln soziale Themen, die Dallas neue Rolle prägen: als Unterhaltungskünstler, der gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Unter den enthaltenen Titeln: Un uomo come me, La casa in riva al mare, Il gigante e la bambina (über Pädophilie), Per due innamorati oder Itaca, ein metaphorischer Dialog zwischen einem Matrosen und seinem Kapitän (Odysseus).

Auch 1972 ging Dalla in Sanremo ins Rennen, diesmal mit Piazza Grande, einem Lied über einen Obdachlosen, mit einem Text von Gianfranco Baldazzi und Sergio Bardotti und Musik von Dalla und Ron. Zunächst für Gianni Morandi vorgesehen, durfte Dalla den Beitrag am Ende doch selbst präsentieren. Mit dem titelgebenden Platz ist nicht, wie oft angenommen, Piazza Maggiore in Bologna gemeint, sondern Piazza Cavour, wie Baldazzi 2011 klarstellte. Piazza Grande wurde zusammen mit 4/3/1943 zu einem von Dallas bekanntesten Liedern. Obgleich es mit der Zeit ein Klassiker italienischer Musik wurde, erreichte es in Sanremo nur den achten Platz.

Nach dem Lied benannte sich auch die Wohltätigkeitsorganisation Amici di Piazza Grande onlus, in Bologna tätig seit 1993, die sich um die Versorgung von notleidenden Obdachlosen kümmert. Der Liedtext fand 2001 auch Eingang in die Staatliche Abschlussprüfung, wo er zusammen mit Texten von Vincenzo Cardarelli, Umberto Saba und Sandro Penna für das Thema öffentlicher Plätze als Treffpunkt von Erinnerungen verwendet wurde. Eine Einordnung als Poet lehnte Dalla jedoch ausdrücklich ab.

Die Roversi-Periode

1973 beendete Dalla seine Zusammenarbeit mit den Textdichtern Sergio Bardotti und Gianfranco Baldazzi und hielt sich an den Bologneser Dichter Roberto Roversi. Diese drei Jahre dauernde Zusammenarbeit ergab drei Alben, die als grundlegend für die Entstehung der canzone d’autore in Italien gelten. Die politischen Inhalte nahmen unter Roversi zu. Dalla gab an, von dem Dichter unzählige Dinge gelernt zu haben. Das erste Album dieser Periode war Il giorno aveva cinque teste von 1973. Sowohl musikalisch als auch textlich ist es schwer zu deuten und sehr experimentell. Dazu kam der eigenwillige Gesang mit häufigen Wechseln des Registers und improvisierten Jazz-Elementen. Der Eingangstitel Un’auto targata TO befasst sich mit Einwanderung und Immobilienspekulation; es folgen Lieder wie L’operaio Gerolamo und Alla fermata del tram, der Instrumentaltrack Pezzo zero und weitere wie Il coyote, Passato presente und La canzone di Orlando.

Mit etwas traditionellerem Formbewusstein erschien 1975 das Album Anidride solforosa. Dieses enthielt Mela da scarto (über Jugendkriminalität), Le parole incrociate (über Verbrechen des Staates nach der Einigung), Carmen Colon (über Verbrechens- und Unfallmeldungen) und das satirische La Borsa Valori (über Tätigkeiten an der Börse); außerdem Tu parlavi una lingua meravigliosa und den Titelsong, der dem Umweltschutz gewidmet ist. In diesem Jahr nahm Dalla auch am sozialistischen Festival del proletariato giovanile teil. In dieser Zeit waren Musik und soziales Engagement eng verbunden und Dalla war bemüht, besonders ein Publikum von Arbeitern und Angestellten anzusprechen.

Schließlich schrieben und präsentierten Dalla und Roversi 1976 das Theaterstück Il futuro dell’automobile e altre storie, das von der Rai Anfang 1977 übertragen wurde. Im Stück erzählte Dalla einem Schimpansenweibchen die großen Taten von Tazio Nuvolari, woraus auch das nächste Album Automobili hervorging. Auf Druck der Plattenfirma versammelte Dalla auf diesem Album eine Auswahl von Liedern des Theaterstücks, was Roversi jedoch ablehnte und dazu führte, dass er die Lieder nur unter Pseudonym registrieren ließ. Für ihn wurde durch die Zusammenstellung im Album der rote Faden des Theaterstücks zerstört.

Infolge dieser Unstimmigkeit kam die Zusammenarbeit der beiden Künstler zu einem Ende. Dalla wollte sich mehr dem Publikum öffnen, während Roversi sehr rigoros auf einer Vertiefung der politischen Inhalte bestand. Den Bruch empfand Dalla als Trauma, jedoch letztlich auch als Ausgangspunkt für das Schreiben eigener Texte. Lieder, die es nicht aufs Album geschafft hatten, blieben lange unveröffentlicht, darunter I muri del ’21, La signora di Bologna, Assemblaggio, Rodeo und Statale adriatica, chilometro 220. Automobili ist als Konzeptalbum angelegt. Besonders wegen des Liedes Nuvolari erwies sich das Album als besonders erfolgreich und erreichte erstmals die Charts. Weitere bemerkenswerte Titel waren Mille miglia, Il motore del 2000 und Due ragazzi sowie Intervista con l’Avvocato, das ein fiktives Interview mit Giovanni Agnelli thematisiert.

Die künstlerische Reife und der große Erfolg

1977 beschloss Dalla, sich auf die Tremiti zurückzuziehen und selbstständig an seinem nächsten Album zu arbeiten. Schon seine ersten eigenen Liedtexte zeugten von großer Reife. Ergebnis dieser Arbeit war das Album Come è profondo il mare, in dessen Titelsong er Metaphern über Macht und Meinungsfreiheit verarbeitete. Weitere Lieder waren Quale allegria, Il cucciolo Alfredo, E non andar più via, Corso Buenos Aires sowie Disperato erotico stomp. Viele Fans reagierten ungehalten auf das Album, das zu sehr dem Markt angepasst sei, und auch Roversi sprach von „industriellen statt kulturellen Entscheidungen“; im Nachhinein wurde es jedoch als Eckpfeiler in Dallas Schaffen anerkannt, auch im Hinblick auf die Musik. Ron, später häufig als Arrangeur für Dalla tätig, war erstmals als Musiker mit an Bord.

Das öffentliche Bild Dallas wandelte sich parallel zu seiner künstlerischen Entwicklung und brachte ihm eine Vielzahl neuer Fans ein, auch dank seiner zunehmend theatralischen Auftritte und gesanglichen Improvisationen.

Schon zwei Jahre später konnte der Cantautore mit seinem selbstbetitelten Album den Erfolg des Vorgängers noch steigern. Es erreichte Platz zwei der Charts und enthielt eine Reihe von späteren Klassikern seines Repertoires: Anna e Marco, L’ultima luna, Stella di mare, oder Cosa sarà (im Duett mit Francesco De Gregori). Den Schluss des Albums bildete das prägende L’anno che verrà, das eine Utopie für das Ende der bleiernen Jahre entwirft. Einige der Lieder hatte Dalla schon vorab am 20. Dezember 1978 live in der RTSI präsentiert, woraus Jahre später auch ein Videoalbum hervorging. Das Wochenmagazin L’Espresso behandelte im Sommer 1979 in einem Gespräch mit dem Journalisten Giorgio Bocca den überraschenden Erfolg des kulturellen Phänomens Dalla.

Die Zusammenarbeit mit Francesco De Gregori

Noch vor dem Erfolgsalbum Lucio Dalla erschien im Dezember 1978 die Single Ma come fanno i marinai, geschrieben und gesungen in Zusammenarbeit mit Francesco De Gregori. Das spontan entstandene Lied wurde sehr positiv aufgenommen. Daraufhin starteten die beiden Cantautori die Tournee Banana Republic (namensgebend für das daraus hervorgegangene Livealbum), mit denen sie Stadien in ganz Italien füllten. Es war das erste Mal, dass Cantautori ihre Musik in Stadien einem Massenpublikum präsentierten; als Vorreiter dieser neuen Verbindung zwischen Musiker und Publikum wurden Dalla und De Gregori zu untypischen Rockstars. Das Livealbum enthält zehn Lieder, darunter mehrere Coverversionen.

Die 80er-Jahre

Von Dalla zur Gründung von Stadio

Das nächste Album Dalla erschien im September 1980. Mit einem rockigeren Stil gelang Dalla damit erstmals der Sprung an die Spitze der Charts, Ergebnis einer unbeirrt kreativen Phase. Die enthaltenen Lieder kamen bei Fans und Kritikern gleichermaßen an, besonders hervorzuheben sind Futura, das laut Aussagen des Musikers am Checkpoint Charlie in Berlin entstanden war. Cara und La sera dei miracoli. Prägende Singleauskopplung war Balla balla ballerino, die Geschichte eines pazifistischen Tänzers. Das Lied Meri Luis bezeichnete der Theologe Vito Mancuso als eines von Dallas bedeutendsten.

Mit der Q disc legte Dalla 1981 ein Minialbum/EP in einem neuen von der RCA entwickelten Tonträgerformat vor. Die vier Titel enthaltende Veröffentlichung gilt als Fortführung und gleichzeitig Abschluss seiner beiden Vorgängeralben. Der erste Titel Telefonami tra vent’anni daraus wurde am bekanntesten; eine Instrumentalversion von You’ve Got a Friend von Carole King bildete den Abschluss. Gleichzeitig betätigte sich Dalla als Produzent für ein Album von Renzo Zenobi, Telefono elettronico, auf dem er auch als Gastsänger zu hören ist.

Ende 1981 beschloss Dallas Begleitband, eine selbstständige Parallelkarriere zu starten, und gab mit der Veröffentlichung einer eigenen Single den Startschuss für die Band Stadio. Der Name war durch die Stadion-Proben und -Auftritte während der Banana-Republic-Tournee inspiriert, Frontman wurde Gaetano Curreri. 1982 widmete Carlo Verdone seinen Film Borotalco Lucio Dalla, wofür dieser, Curreri und Giovanni Pezzoli den Titelsong Grande figlio di puttana beisteuerten. Das Lied wurde mit dem David di Donatello und dem Nastro d’argento für den besten Filmsong ausgezeichnet. Dalla lobte Verdone für den Film.

1983, Viaggi organizzati, Bugie

Das Album 1983, erschienen in ebenjenem Jahr, war erneut ein großer Verkaufserfolg und ein Nummer-eins-Album, konnte die Kritik jedoch nicht ganz überzeugen. Dalla gab selbst zu, dass er während der Aufnahmen für das Album anderweitig beschäftigt und nicht auf das Album eingestellt war. In diesem Jahr schrieb er mit Lontano da dove den Titelsong für den gleichnamigen Film von Stefania Casini und Francesca Marciano.

1984 schlug der Cantautore musikalisch eine neue Richtung ein und trennte sich von Stadio. Das Album Viaggi organizzati entstand in Zusammenarbeit mit dem Musiker Mauro Malavasi. Es erreichte erneut die Chartspitze. Ein Hit daraus war Tutta la vita, das auf Englisch von Olivia Newton-John gesungen wurde. Weitere wichtige Titel waren Tu come eri, Stornello und Washington. Schon 1985 tat Dalla sich wieder mit Stadio zusammen und veröffentlichte das neue Album Bugie. Nach dem Erfolg der Single Se io fossi un angelo verkaufte sich auch das Album ähnlich gut wie die Vorgänger. Im Instrumentalstück Tania del circo spielte Dalla Saxophon, mit dem Jazzer Franco D’Andrea am Klavier. Er schrieb ferner den Titel Lunedifilm, den die Rai als Titelmelodie für Filmvorstellungen verwendete und der auf dem Stadio-Album Canzoni alla radio enthalten ist.

Der internationale Erfolg von Caruso

Im März 1986 startete Dalla zusammen mit Stadio eine kurze internationale Tournee, die in den USA endete. Aus diesem Anlass strahlte die Rai eine Sondersendung über das Konzert in Village Gate in New York am 23. März 1986 und Dallas Erfahrungen in den USA aus. Aus diesem Konzert ging das doppelte Livealbum DallAmeriCaruso hervor, das als einziges unveröffentlichtes Lied Caruso enthielt. Dieser Titel über die letzten Tage des Enrico Caruso bescherte dem Cantautore einen außergewöhnlichen Erfolg. Nach der Targa Tenco als bestes Lied des Jahres in Italien verkaufte es sich millionenfach in der ganzen Welt und wurde zu einem Klassiker des italienischen Liedes. Unter den Interpreten der unzähligen Coverversionen finden sich Mercedes Sosa, Céline Dion, Michael Bolton, Lara Fabian, Julio Iglesias, Andrea Bocelli oder Luciano Pavarotti; in einer beim Sanremo-Festival 2008 vorgestellten Liste der im Ausland bekanntesten italienischen Liedern landete Caruso nach Nel blu dipinto di blu von Domenico Modugno auf dem zweiten Platz. Das Lied entstand nach Dallas Aussagen bei einer Reise nach Sorrent, wo er ungeplant im selben Hotelzimmer übernachtete, wie Jahre zuvor der berühmte Tenor. Von den Hotelangestellten hörte er die Geschichte der Liebe zwischen dem schwerkranken Caruso und einer seiner Schülerinnen, was ihn zu dem Lied inspirierte. Aufgrund der neapolitanischen Passagen fühlte sich Dalla zunächst nicht in der Lage, das Lied selbst zu singen.

Die Zusammenarbeit mit Gianni Morandi

Im Juni 1988 erschien das Kollaboalbum Dalla/Morandi in Zusammenarbeit mit Gianni Morandi, ein weiterer Nummer-eins-Erfolg mit früheren Liedern der beiden Musiker sowie mehreren neuen Duetten. Erste Single war Vita, geschrieben von Mogol und Mario Lavezzi, und vor allem für Morandi stellte sie eine Neubelebung seiner Karriere dar. Laut Lavezzi wurden die neuen Lieder speziell für das Projekt mit Morandi geschrieben, da die Idee für das Album spontan und gänzlich ohne Vorarbeit getroffen worden war. Die dem Album folgende Tour führte die Musiker auch aus Italien hinaus und war ein großer Erfolg. Ein letztes Mal war Stadio als Begleitband dabei. Der Abschluss der Tournee im griechischen Theater in Syrakus wurde live auf Rai 1 übertragen, unter der Regie von Gabriele Salvatores. Musikkritiker Gino Castaldo bemerkte dabei die starke Gegensätzlichkeit der beiden Musiker, die völlig unterschiedliche Richtungen der italienischen Musik verkörperten.

Die 90er-Jahre

Attenti al lupo und andere Geschichten

Cambio („Veränderung“) war der Titel des nächsten Albums, das im Oktober 1990 erschien. Der programmatische Titel unterstrich Dallas Wunsch nach ständiger Weiterentwicklung. Dieser Wandel vollzog sich im Lauf der 90er-Jahre und leitete die spätere Pop-Phase des Cantautore ein. Ungeachtet der Veränderungen zog er jedoch noch immer ein Massenpublikum an. Mit der Single Attenti al lupo (geschrieben von Ron) erreichte Dalla erstmals die Spitze der Singlecharts, und auch das Album konnte an die bisherigen Erfolge anknüpfen. Laut dem Journalisten Giancarlo Trombetti war Ron für Attenti al lupo ursprünglich selbst als Sänger vorgesehen, doch gelang es Dalla, ihn zu überreden, das Lied ihm zu überlassen. Durch den großen Erfolg des Liedes wurden andere Lieder des Albums in den Schatten gestellt, etwa Le rondini, Bella, È l’amore sowie Comunista (das noch mit Roberto Roversi entstanden war).

Am 25. Oktober des Jahres begegnete Dalla in einer Fernsehsendung Federico Fellini. In dem Gespräch erzählte Fellini von seinen Erfahrungen bei einem Dalla-Konzert; auf dessen Überraschung darüber, dass jemand wie Fellini zu seinen Konzerten komme, meinte der Regisseur, dass jeder einmal ein solches sehen müsste. Tatsächlich hatte Fellini schon 1986 in seinem Film Ginger und Fred, in einer Szene mit Doppelgängern bekannter Persönlichkeiten, Dalla eingebaut.

Zwischen 1991 und 1992 ging Dalla auf die Cambio-Tour, im Rahmen derer er auch den jungen Cantatore Samuele Bersani kennenlernte.

Henna und der Erfolg von Canzoni

Nach dem Livealbum Amen folgte Ende 1993 das Studioalbum Henna, dessen Titelsong Dalla selbst als eines seiner Lieblingslieder nannte. In der Fernsehserie Roxy Bar von Red Ronnie wurde das Lied auf noch nie dagewesene Art mit komplett schwarzem Bildschirm vorgestellt. Weitere Lieder des Albums sind Latin lover, Domenica, Liberi, Cinema (mit der Beteiligung von Marcello Mastroianni) und Merdman sowie der Schlusstrack Treno über die Entwicklung der post-kommunistischen Staaten Osteuropas.

Im selben Jahr wurde Lucio Dalla der Literaturpreis Premio Librex Montale in der (1991 eingeführten) Kategorie Poetry for Music verliehen. Andere Preisträger in dieser Kategorie sind etwa Paolo Conte, Francesco Guccini, Fabrizio De André, Franco Battiato oder Ivano Fossati. Bei dieser Gelegenheit lernte er die Dichterinnen Alda Merini und Leandra D’Andrea kennen, mit denen er Freundschaft schloss.

1996 erschien Canzoni, das die endgültige Hinwendung Dallas zum Pop darstellt. Dem Album ging die Single Canzone voraus, an deren Text Samuele Bersani mitgearbeitet hatte und die in die Top 10 der Singlecharts gelangte. Weitere erfolgreiche Lieder aus dem Album waren Ayrton (gewidmet dem Formel-1-Piloten Ayrton Senna) und Tu non mi basti mai. Canzoni übertraf den Erfolg von Cambio noch einmal. Als Ghosttrack enthielt das Album eine neue Version von Disperato erotico stomp, gefolgt vom religiösen Hymnus Vieni, spirito di Cristo in der Interpretation des jungen Franziskaners Alessandro Fanti. Zudem inszenierte Dalla zu jener Zeit Peter und der Wolf von Sergei Prokofjew. Nach diesem kurzen Ausflug in die klassische Musik wandte er sich der Dance-Musik zu und brachte auf Lucio Dalla – Dance Remixes zehn Remixe einiger seiner bekannten Lieder heraus.

Die 2000er-Jahre

Zwischen Pop und Oper

Das neue Jahrtausend wurde durch das Album Luna Matana eingeleitet, das im Oktober 2001 erschien. Aufsehen erregte das Lied Kamikaze (mit Gianluca Grignani an der Gitarre), da es von vielen als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September interpretiert wurde. Der Corriere della Sera mutmaßte in einem Artikel, dass Dallas Plattenfirma die Veröffentlichung des Liedes als Single deshalb verhindert habe. BMG Ricordi verteidigte diese Entscheidung, während Dalla selbst erklärte, dass der Bezug zu den Terroranschlägen gar nicht gegeben sei; vielmehr beziehe sich das Lied auf Kamikaze-Flieger im Zweiten Weltkrieg. Weitere Titel des Albums sind Siciliano, gesungen mit Carmen Consoli, Notte americana und Agnese delle Cocomere. Der Titel des Albums verweist auf die Bucht Cala Matana auf der Insel San Domino (Tremiti), wo Dallas Haus und Studio gelegen sind.

2003 befasste Dalla sich wieder mit Oper und schrieb und inszenierte mit Tosca – Amore disperato eine eigene Version von Giacomo Puccinis Tosca. In Zusammenarbeit mit Mina nahm er dazu das Lied Amore disperato auf. Dieses war auf dem Album Lucio enthalten. Die erste Aufführung des Tosca-Musicals erfolgte am 23. Oktober 2003 in Rom, nach einer ersten Präsentation in der Engelsburg am 27. September.

Die Kompilation 12000 lune erschien 2006 und enthielt drei CDs. Auch die unveröffentlichten Lieder Stella, Sottocasa und Dark Bologna fanden darin Eingang. Noch einmal gelang dem Musiker das Erreichen der Chartspitze. Dalla war in diesem Jahr auch im Buch Complice la musica von Fernanda Pivano vertreten, in dem die Autorin Interviews mit 30 Cantautori verarbeitet.

Erfahrungen als Theaterregisseur

Im Februar 2007 begann Dalla eine Zusammenarbeit mit Marco Tutino, Leiter des Stadttheaters in Bologna, und mit dem Produzenten Gianni Salvioni an einer freien Bearbeitung des Ballets Pulcinella (1920) von Igor Strawinsky, das mit der Oper Arlecchino (1917) von Ferruccio Busoni kombiniert wurde, mit Marco Alemanno als Hauptdarsteller. Dalla beschrieb seine Stückwahl als Gegenreaktion auf den Konsumdruck des Marktes.

Zusammen mit Salvioni arbeitete der Musiker auch an Peter und der Wolf und der DVD zum Livealbum 12000 lune, auf der die Lieder mit einem Streichquartett aufgenommen worden waren. Schon im Juni 2007 ließ er sein nächstes Popalbum Il contrario di me folgen. Das Album erschien auch als Beilage zur Zeitung La Repubblica. Lieder des Albums waren Due dita sotto il cielo (gewidmet dem Motorradrennfahrer Valentino Rossi), das religiös geprägte I.N.R.I., Malinconia d’ottobre und Rimini.

2008 inszenierte Lucio Dalla The Beggar’s Opera von John Gay, wobei er mit Angela Baraldi und Peppe Servillo (Avion Travel) zusammenarbeitete. Das Stück debütierte in Bologna am 29. März des Jahres. Dalla hatte Textänderungen vorgenommen und das Stück aus dem London des 18. Jahrhunderts ins heutige Bologna transportiert. Dem Bologneser Dialekt wird viel Raum gegeben, die Musik ist von Händel und Purcell inspiriert. Die DVD zum Schauspiel wurde wieder von Gianni Salvioni produziert. Als nächste Veröffentlichung erschien das doppelte Livealbum LucioDallaLive – La neve con la luna.

Am 11. Januar 2009 trat Dalla in einer Fernsehsendung zum zehnjährigen Todestag von Fabrizio De André auf und sang zusammen mit dem Schauspieler Marco Alemanno dessen Lied Don Raffaè. Wieder mit Alemanno, nahm er im Sommer am Festival Teatrocanzone zu Ehren Giorgio Gabers teil und interpretierte das Lied Io mi chiamo G. Im Oktober 2009 kündigte Dalla mit der Single Puoi sentirmi? das neue Studioalbum Angoli nel cielo an. Darauf sind auch Questo amore, Gli anni non aspettano und Fiuto (Duett mit Toni Servillo) enthalten.

Die letzten Jahre

Das neue Projekt mit De Gregori

Anfang 2010 wurde überraschend ein Konzert von Dalla und Francesco De Gregori in Nonantola angekündigt, unter dem Namen Work in progress. Diesem Auftritt folgte eine kurze Tournee. Es war erst ihre zweite gemeinsame Tournee seit Banana Republic vor 30 Jahren; dazwischen hatten sie lediglich einen größeren gemeinsamen Auftritt beim Neujahrskonzert in Assisi, das die Rai 1998 ausstrahlte. Dalla hatte schon länger ein neues Projekt mit De Gregori öffentlich erwogen und am 24. Juni 2009 war De Gregori überraschend als Gast bei einem Dalla-Konzert aufgetreten.

Im Gegensatz zu der früheren Tournee fanden die Konzerte nicht mehr in Stadien, sondern zumeist auf öffentlichen Plätzen statt. Die ausgedehnte Tournee umfasste auch einen großen Auftritt beim traditionellen Concerto del Primo Maggio (2011). Aus dieser neuen Zusammenarbeit ging das doppelte Livealbum Work in Progress hervor, mit den drei unveröffentlichten Liedern Non basta saper cantare, Gran turismo und Gigolò. Um deutlich zu machen, dass es sich nicht lediglich um einen Neuauflage der alten Tournee, sondern um etwas Neues handelte, verzichteten Dalla und De Gregori auf ihren alten Hit Ma come fanno i marinai. Der letzte gemeinsame Auftritt der beiden und Schlusspunkt der Tournee war am 20. Mai 2011 in Saint Vincent.

Die letzte Veröffentlichung und die Rückkehr nach Sanremo

Zwei Jahre nach dem letzten Album veröffentlichte Dalla im November 2011 die Kompilation Questo è amore. Das Doppelalbum enthält Liebeslieder aus den Jahren 1971 bis 2009, dazu die neue Single Anche se il tempo passa (Amore) sowie eine Neufassung von Meri Luis (im Duett mit Marco Mengoni).

Ende Januar 2012 erstellte das Magazin Rolling Stone die Liste der 100 schönsten italienischen Alben aller Zeiten, worauf Dalla auf Platz 40 mit Lucio Dalla von 1979 vertreten ist. Am 14. Februar des Jahres kehrte Dalla nach 40 Jahren auf die Bühne des Sanremo-Festivals zurück, an der Seite von Pierdavide Carone und mit dem Lied Nanì. Er betätigte sich gleichzeitig als Sänger und Dirigent des Festivalorchesters. Das Lied landete im Finale am 18. Februar auf dem fünften Platz; dabei hatte Dalla seinen letzten Fernsehauftritt. Am 27. Februar 2012 startete er von Luzern aus seine neue Europatournee, die ihn zunächst nach Zürich und am 29. Februar nach Montreux führte, wo er sein letztes Konzert gab.

Der plötzliche Tod

Lucio Dalla starb am 1. März 2012 im Alter von 68 Jahren in seinem Hotelzimmer in Montreux nach einem Herzinfarkt. Sein Partner Marco Alemanno fand ihn tot im Bett auf. Die Todesnachricht wurde um 12:10 Uhr als erstes von den Mönchen der Basilika San Francesco auf Twitter bekanntgegeben.

Von der Leichenhalle in Lausanne wurde der Körper zunächst in Dallas Haus in Bologna überführt. Am 3. März wurde er im Palazzo d’Accursio aufgebahrt. Sowohl Bologna als auch die Gemeinde Isole Tremiti verhängten Trauer. Das Begräbnis fand am 4. März (Dallas 69. Geburtstag) in der Basilika San Petronio vor mehr als 50.000 Personen statt. Die Zeremonie wurde live im Internet sowie in einem regionalen Fernsehsender übertragen, die Beisetzung erfolgte auf dem Cimitero Monumentale della Certosa di Bologna. 2013 wurden seine sterblichen Überreste eingeäschert und in der Nähe der Grabstellen von Giosuè Carducci und Giorgio Morandi beerdigt. Das Grab wurde von Antonello Paladino gestaltet und trägt als Aufschrift den letzten Satz des Liedes Cara: “Buonanotte, anima mia, adesso spengo la luce e così sia” („Gute Nacht, meine Seele, jetzt lösche ich das Licht und so sei es“).

Dallas Musikerkollegen brachten vielfach ihre Trauer und Bestürzung zum Ausdruck, darunter Paolo Conte, Francesco Guccini, Antonello Venditti, Francesco De Gregori, Franco Battiato, Ivano Fossati, Mogol, Eros Ramazzotti, Renato Zero, Claudio Baglioni, Adriano Celentano, Pino Daniele, Eugenio Finardi, Jovanotti, Vasco Rossi und Ligabue. Roberto Vecchioni trug im Fernsehen L’anno che verrà vor und analysierte den Text, und Red Canzian (Pooh) schrieb Dalla in seiner Autobiographie einen Brief. Auch Kollegen aus Theater und Film meldeten sich zu Wort, wie Dario Fo, Paolo und Vittorio Taviani, Eugenio Scalfari, Dacia Maraini und Michele Serra. Dazu kamen Gaetano Curreri, Luca Carboni, Samuele Bersani, Ron und Gianni Morandi.

Im Juli 2017 ließ die Stadt Rom eine Gedenktafel für Lucio Dalla an seinem Wohnhaus in Trastevere anbringen.

Der Nachlass und die Stiftung

Der Nachlass Dallas wurde auf etwa 100 Mio. Euro geschätzt und umfasste die Urheberrechte auf 581 Lieder, das Wohnhaus in Bologna von 2.400 m², die Häuser auf Sizilien und den Tremiti-Inseln sowie weitere Immobilien, die Yacht Brilla & Billy (mit Aufnahmestudio) und Anteile an zwei Gesellschaften. Im Wohnhaus befanden sich des Weiteren Kunstwerke (darunter ein Werk von Gustav Klimt) und musikalische Erinnerungsstücke, mit einem geschätzten Wert von 3 Mio. Euro.

Da es kein Testament gab, wurde das Erbe auf Dallas fünf Cousins und Kusinen aufgeteilt (Verwandte vierten Grades), denen damit auch die Entscheidung zur Gründung einer Stiftung überlassen wurde. Dallas Partner Marco Alemanno, der bereits mehrere Jahre mit ihm zusammenlebte, hatte keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Erbschaft. Während der Ausgabe 2012 des Giorgio Gaber gewidmeten Festivals in Viareggio starteten die Fondazione Gaber und die Fondazione De André einen Aufruf an die Erben zur schleunigen Einrichtung einer Stiftung, der von mehr als 80 Vertretern aus Kunst und Musik unterzeichnet wurde.

Im Juli 2013 gaben die Erben einen Teil des Wohnhauses in Bologna zum Verkauf frei, zur Begleichung der Erbschaftsspesen; im Jahr darauf auch das Haus in Milo auf Sizilien, und die Jacht zur Finanzierung der Stiftung. Im September 2014 wurde zu diesem Zweck eine Auktion gestartet. Bis Ende des Monats gab es jedoch keine ausreichenden Angebote für die Immobilien; die Jacht ging an einen Unternehmer aus Neapel.

Die Stiftung, die Fondazione Lucio Dalla, wurde am 26. Februar 2014 mit Sitz in Bologna gegründet. Hauptziel ist die Pflege der kulturellen Hinterlassenschaft Dallas.

Im Februar 2020 kündigte die Stiftung an, anlässlich des Geburtstages Lucio Dallas eine Büste zu stiften und auf der Piazza Cavour in Bologna aufstellen zu wollen. Die Büste wurde von dem Cousin des Verstorbenen, Kino Zaccanti, in Auftrag gegeben und von dem Künstler Antonello Paladino angefertigt.

Privatleben

Der Cantautore erklärte sich der politischen Linken zugehörig und nahm auch verschiedentlich an entsprechenden Veranstaltungen teil. Gleichzeitig war er bekennender katholischer Christ. Seine vermutete Homosexualität bestätigte er selbst nie. In einem Interview mit Pietro Savarino im LGBT-Magazin Lambda erklärte Dalla 1979, keiner „sexuellen Sphäre“ anzugehören.

Weitere Tätigkeiten und Interessen Dallas

Film und Fernsehen

Ab den 60er-Jahren trat Dalla in zahlreichen Filmen auf, wobei er oft auch seine eigenen Lieder sang. Nach einer Reihe von Musikkomödien hatte er 1967 einen Auftritt in Die Subversiven von Paolo und Vittorio Taviani. Mit dieser Rolle gelang ihm eine Nominierung als bester Schauspieler bei den Internationalen Filmfestspielen Venedig (der Preis ging schließlich an Ljubiša Samardžić für Ein serbischer Morgen). Vermehrt wurden Dalla Rollen in diversen italienischen Filmen angeboten. Daneben wurde er für Filmmusik beauftragt, etwa von Michelangelo Antonioni, Mario Monicelli, Pupi Avati oder Michele Placido. Selbst war Dalla ein großer Filmliebhaber, mit einem Kinematographen und einer Sammlung von mehr als 250 DVDs. In einem Interview 2008 erklärte er, den Film der Musik vorzuziehen.

Dallas Erfahrungen im Fernsehen begannen 1977 mit dem Theaterstück Il futuro dell’automobile e altre storie (mit Roversi), das auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Im Januar 2002 trat er zusammen mit Sabrina Ferilli als Moderator der Samstagabendshow La bella e la bestia auf Rai 1 in Erscheinung. Neben Auftritten in verschiedenen Sendungen war Dalla auch als Fernsehautor tätig. Aus seiner Feder stammten etwa Taxi (Rai 3), Te voglio bene assaje (Rai 1) oder Mezzanotte angeli in piazza (Rai 1). 2003 wurde Dalla von der Rai die künstlerische Leitung des Sanremo-Festivals angeboten, was letztlich aber nicht zustande kam.

Universität

Dalla wurde 2002 an der Universität Urbino zum ordentlichen Professor ernannt. Er war Dozent an der soziologischen Fakultät und hatte den Lehrstuhl für tecniche e linguaggi pubblicitari („Werbetechniken und -sprache“) inne. Aus dieser Erfahrung ging 2004 das Buch Gesù, San Francesco, Totò: la nebulosa della comunicazione hervor, das einen Vorlesungszyklus über Kommunikation im Studienjahr 2002/2003 umfasste. Gastdozenten wie Alessandro Bergonzoni, Oliviero Toscani, Giampiero Solari und Davide Paolini schrieben ebenfalls Beiträge für das Buch. Ab April 2012 war ein weiterer Vorlesungszyklus von Dalla zum Thema Modernität geplant, mit Schwerpunkt Georg Simmel. Als Gastdozent war Dalla 2006 des Weiteren in der Scuola Normale Superiore (Pisa) und der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen (Mailand) tätig. Dallas akademische Karriere ähnelt der von Roberto Vecchioni, der Kommunikationswissenschaften an der Universität Pavia lehrte, oder von Francesco Guccini, der Italienisch am Dickinson College der Universität Bologna lehrte.

Malerei

Lucio Dalla war sehr kunstbegeistert. Er hatte viele Kontakte zu namhaften Künstlern, etwa Michelangelo Pistoletto, Mimmo Paladino oder Luigi Ontani Einer seiner Lieblingskünstler war Amico Aspertini, dem er das Lied Amico widmete. In Bologna betrieb Dalla die Galerie No Code, die 1998 eröffnet wurde. Als seine Präferenzen gab er in einem Interview die Transavantgarde und Caravaggio sowie den deutschen Expressionismus an. in seiner Wohnung in Bologna hatte Dalla Bilder von Gustav Klimt, Andy Warhol und Amedeo Modigliani.

Sport

Dalla war auch sportbegeistert, sein besonderes Interesse galt Basketball und Fußball. Anlässlich seines Todes widmete die Gazzetta dello Sport ihm die Titelseite. Er war Anhänger des FC Bologna und der Virtus Pallacanestro Bologna (Basketball). 2008 schrieb Dalla mit Un uomo solo può vincere il mondo die offizielle Hymne der italienischen Mannschaft bei den olympischen Sommerspielen. Außerdem interessierte er sich für Motorsport und war Besitzer eines Porsche 911 Carrera. Dalla nahm dreimal an Mille Miglia teil (hier mit einem Porsche 356 Carrera), 1999 und 2000 mit Alessandro Bergonzoni und 2003 mit Oliviero Toscani.

Politik

In den Liedtexten Dallas, vor allem aus der Roversi-Periode, spielte das politische und soziale Engagement häufig eine Rolle. Im Januar 2008 gab der Cantautore dem katholischen Onlinemagazin Petrus ein Interview, in dem er erklärte, weder Marxist noch Kommunist zu sein, sondern sich auf Josemaría Escrivá de Balaguer zu berufen, was er jedoch bald darauf widerrief. Tatsächlich hatte er in der Vergangenheit die kommunistische Partei und Enrico Berlinguer gewählt, wie er in einem Interview 1997 erklärte. Seine Nähe zur politischen Linken stritt Dalla auch in seinen letzten Jahren nicht ab, er zeigte sich dieser gegenüber jedoch immer kritisch.

Ehrungen

  • Verdienstorden der Italienischen Republik (Komtur) am 27. Dezember 1986 auf Initiative des Präsidenten des Ministerrats
  • Verdienstorden der Italienischen Republik (Großoffizier) am 3. November 2003 auf Initiative des Präsidenten der Republik
  • Ehrendoktorwürde der Universität Bologna in Discipline delle arti, della musica e dello spettacolo am 9. Juli 1999
Quelle: Wikipedia