Phyllis Hyman (* 6. Juli 1949 in Philadelphia, Pennsylvania als Phyllis Linda Hyman; † 30. Juni 1995 in New York, NY) war eine US-amerikanische R&B- und Jazz-Sängerin. Nach ihrem Debüt im Jahre 1976 war sie fast 20 Jahre in den R&B-Charts der USA vertreten; ein großer Durchbruch oder Sprung in die Pop-Hitlisten gelang ihr nicht. Don’t Wanna Change the World platzierte sich 1991 auf Platz 1 der R&B-Charts.
Phyllis Hyman kam als ältestes von sieben Kindern in Philadelphia auf die Welt; sie war eine Cousine dritten Grades des Schauspielers Earle Hyman. Ihre Jugend verbrachte sie in Pittsburgh. Ihre ersten musikalischen Erfahrungen sammelte sie in ihrer High-School- und Collegezeit, in der sie sich darauf vorbereitete, Rechtsanwaltsgehilfin zu werden. Ihre professionelle Musikerlaufbahn begann im Jahre 1971 mit der Coverband „New Direction“. Engagements in diversen anderen Gruppen wie „The Hondo Beat“ schlossen sich an; dann gründete sie ihre eigene Band „Phyllis Hyman Factor“. Außerdem arbeitete sie als Fotomodell und hatte einen Cameoauftritt im Film Lenny (Bob Fosse, 1974).
Hyman nahm in ihrer Karriere hauptsächlich Platten für die Labels Buddah, Arista und Philadelphia auf. Daneben entstanden eine ganze Reihe von Aufnahmen für diverse kleine Labels, oftmals in Kooperation mit anderen Musikern. Ihre erste Single Leavin’ the Good Life Behind nahm Hyman 1975 für Private Stock auf. Der renommierte Disco-Produzent Tom Moulton mixte diese Aufnahme, die allerdings nicht den erhofften Erfolg brachte. Ein Jahr später engagierte der Jazzmusiker Norman Connors Hyman für seine LP You Are My Starship, die gleich zwei Aufnahmen enthielt, bei der die Sängerin die Leadstimme sang. Beide Aufnahmen wurden auch als Single veröffentlicht und bescherten Hyman gleich zwei Hits in den R&B-Charts: We Both Need Each Other, ein Duett mit Michael Henderson, sowie Betcha by Golly Wow, ein Cover des Connie-Stevens-Liedes aus dem Jahr 1970, mit dem die Band The Stylistics 1972 einen Hit hatte.
Ihre erste Solosingle in den R&B-Charts platzierte sie mit Baby (I’m Gonna Love You) (1976, Platz 76). Diese Aufnahme erschien bei dem kleinen Label Desert Moon – wenig später wechselte sie zu Buddah, das damals mit Künstlerinnen wie Gladys Knight & the Pips, Barbara Mason oder Melba Moore sehr gut auf dem Soulmarkt vertreten war. Hier erschien 1977 die erste LP Phyllis Hyman zu der unter anderem Thom Bell die epische Ballade Loving You – Losing You beisteuerte, die ebenfalls ein kleiner Hit in den R&B-Charts (Platz 32) war. 1978 verpflichtete der Jazzmusiker Pharoah Sanders Hyman für seine LP Love Will Find a Way. Sie sang die Leadstimme der dem Smooth Jazz verhafteten Songs Love Is Here und As You Are.
Am 28. März 1979 heiratete sie Larry Alexander, ihren damaligen Manager und Bruder des Jazz-Pianisten Monty Alexander. Im gleichen Jahr nahm Arista-Chef Clive Davis die Sängerin unter Vertrag. Das Album Somewhere in My Lifetime enthielt mit dem Titelsong eine Barry-Manilow-Produktion, der in den R&B-Charts auf Platz 12 kam. Im folgenden Jahr erschien die aufwendig produzierte LP You Know How to Love Me, deren Titelsong ein großer Erfolg in den amerikanischen Diskotheken war und später unter anderem von Lisa Stansfield gecovert wurde. 1981 feierte Hyman mit Can’t We Fall in Love Again ihren ersten Top-10-Erfolg (das Duett mit Michael Henderson erreichte Platz 9 in den R&B-Charts). Außerdem gab sie in der Duke Ellington-Revue Sophisticated Ladies ihr Debüt am New Yorker Broadway. Für ihre Leistung wurde sie unter anderem für einen Tony Award nominiert sowie mit einem Theatre World Award ausgezeichnet.
1982 posierte Hyman freizügig im Männermagazin Oui. Zwei Fotos aus dieser Session wurden wenig später auch im Jet-Magazin, das sich an afroamerikanische Leser richtet, veröffentlicht.
Im darauffolgenden Jahr nahm Hyman den von Stephen Forsyth und Jim Ryan geschriebenen Song Never Say Never Again für den gleichnamigen James-Bond-Film auf. Der Produzent des Films Jack Schwartzman hatte allerdings den Franzosen Michel Legrand zur Erstellung des Soundtracks verpflichtet, dessen Komposition mit Text der Eheleute Bergman – die schon vorher zusammen mit Legrand mit The Windmills of Your Mind einen Welthit schufen – vorgetragen von Lani Hall zum "Bond-Song" in seinem jazzorientierten Score wurde. Hymans Aufnahme verschwand in den Archiven und erst 2008, dreizehn Jahre ihrem Tod von Hyman veröffentlicht.
Mit dem wenig beachteten Album Goddess of Love, dessen Titel in späteren Jahren gerne als Spitzname für die Sängerin fungierte, endete Hymans Zusammenarbeit mit dem Label Arista. Clive Davis hatte das Interesse an ihr weitgehend verloren, da er mit Whitney Houston eine neue, junge und erfolgversprechendere Sängerin entdeckt hatte. Nach einer Pause unterzeichnete Hyman bei dem Label Philadelphia, das in den 1970er Jahren den Philly Soul geprägt hatte. Die Singles Old Friend (1986, R&B Platz 12) sowie Living All Alone (1987, R&B Platz 14) verkauften sich erfolgreich. Das dazugehörige Album Living All Alone wurde unter anderem von Kenneth Gamble, Leon Huff und Thom Bell verantwortet – essentielle Musiker und Songschreiber des Philly Souls. Drogen- und Gewichtsprobleme sowie extreme Stimmungsschwankungen setzten Hyman in den folgenden Jahren privat zu. Dennoch trat sie weiterhin live auf, nahm aber auch Rollen als Schauspielerin an. In dem Actionfilm The Kill Reflex (1989) war sie an der Seite von Maud Adams und Fred Williamson zu sehen. Barry Manilow wiederum lud sie als Gaststar in sein Fernsehspezial Barry Manilow: Big Fun on Swing Street (1987) ein. Für die Single Sacred Kind of Love (1990, R&B Platz 21) arbeitete sie mit Grover Washington, Jr. zusammen. 1991 folgte ihr Nummer-eins-Hit Don’t Wanna Change the World, dem sich zwei weitere Top-10-Erfolge anschlossen (Living in Confusion, When You Get Right Down to It). Im folgenden Jahr wählten die Leser des britischen Fachmagazins Blues & Soul sie zur Sängerin des Jahres – vor Anita Baker, Whitney Houston oder Aretha Franklin.
Persönliche Probleme sowie mehrere Todesfälle in ihrer Familie und ihrem Freundeskreis setzten der Künstlerin in den folgenden Jahren erneut schwer zu. Dennoch gab sie weiterhin regelmäßig Konzerte. Am 30. Juni 1995 setzte Hyman ihrem Leben mit Schlaftabletten ein Ende. Am gleichen Tag war ursprünglich noch ein gemeinsames Konzert mit der Soulgruppe The Whispers im New Yorker Apollo Theater angesetzt gewesen. The Whispers traten Hyman zu Ehren trotzdem auf und widmeten ihr später auch das Musical Thank God! The Beat Goes On (1996), indem Hyman von der R&B-Sängerin Alyson Williams dargestellt wurde.
Das Album I Refuse to Be Lonely mit dem gleichnamigen letzten Hyman-Hit in den R&B-Charts (Platz 59) erschien postum Ende 1995. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Alben mit ihren Erfolgen, aber auch mit unveröffentlichten Aufnahmen veröffentlicht. 2008 war Hyman Thema der Doku-Reihe Unsung auf dem afro-amerikanischen TV-Sender TV One. Diese Reihe widmet sich R&B-Stars, die weniger Aufmerksamkeit als andere erhielten. Im gleichen Jahr erschien außerdem die Biografie Strength of a Woman: The Phyllis Hyman Story von Jason A. Michael. Sowohl das Buch als auch die Dokumentation gehen ausführlich auf ihre persönlichen Probleme, insbesondere auf ihre Depressionen und Stimmungsschwankungen als Folge einer bipolaren Störung ein.