Sigur Rós [ˈsɪːɣʏr ˌrou̯s] (isl.: „Sieg“ und „Rose“, ) ist eine isländische Rockband, die 1994 in Reykjavík gegründet wurde und zu den bekanntesten Vertretern des Post-Rocks gehört.
Die Band Sigur Rós wurde 1994 von Jón Þór Birgisson (Jónsi), Georg Hólm (Goggi) und Ágúst Ævar Gunnarsson gegründet. Am Tag der Bandgründung wurde die Schwester von Jonsí geboren, die den Namen Sigurrós trägt und somit zur Namensgeberin für die Band wurde.
Die Band gab ihr Debüt 1997 mit Von, einem noch relativ düsteren, naturverbundenen Album. Wegen der langen Zeit, die die Gruppe für die Aufnahmen benötigte, kam es zu teilweise gravierenden Unterschieden zwischen ihrer anfänglichen Klangvorstellung und dem Endergebnis. Die Band überlegte zunächst, den Erstling von neuem aufzunehmen, doch stattdessen erschien im Folgejahr ein Remix-Album, Von brigði, auf dem die alten Songs noch einmal neu aufgearbeitet wurden.
Bei dem Albumtitel Von brigði handelt es sich um ein Wortspiel. Einerseits bedeutet Vonbrigði „Enttäuschung“ und steht damit im Gegensatz zum Albumtitel Von (zu deutsch: „Hoffnung“). Andererseits lässt sich Von brigði mit „Variationen von Von“ übersetzen. Viele, vorwiegend aus dem Electronica-Bereich stammende, isländische Künstler wie z. B. Múm oder GusGus steuerten für Von brigði je einen Remix bei. Als Gegenleistung für die Aufnahmekosten ihres Debüts Von erklärten sich Sigur Rós bereit, das Studio neu anzustreichen.
1999 stieg der Schlagzeuger Ágúst aus der Band aus, was fast zur Auflösung der Band geführt hätte. Er wurde aber bald von Orri Páll Dýrason ersetzt. Weiterhin nahm die Gruppe 1998 noch zusätzlich den Keyboarder Kjartan Sveinsson (Kjarri) auf.
Ein Jahr später erschien der Nachfolger Ágætis byrjun, was übersetzt „ein guter Anfang“ bedeutet. Mit dem Titel spielen Sigur Rós auf die Unkoordiniertheit des Vorgängers an. Dessen düstere Grundstimmung tritt im neuen Album in den Hintergrund, es ist stärker strukturiert und instrumentiert – auch ein Orchester wird einbezogen. So vereint das Album alles von leiseren introspektiven Klängen bis hin zu orchestralen Ausbrüchen, von Zwischenstücken bis symphonischen Überlänge-Songs. Die ersten Exemplare von Ágætis byrjun, die nur in Island veröffentlicht wurden, stellten die vier Musiker selbst zusammen.
Die englische Plattenfirma FatCat Records entdeckte Ágætis byrjun und veröffentlichte es außerhalb Islands, zunächst 2000 in Großbritannien, danach in Europa und den USA. Durch die guten Kritiken erlangte die Band erstmals internationale Aufmerksamkeit und einen stetig steigenden Bekanntheitsgrad. So spielten Sigur Rós einige Zeit im Vorprogramm der Band Radiohead und tourten auch allein z. B. durch die USA.
Es folgte die Veröffentlichung der EP Ný batterí (2000; zu dt. neue Batterien) und der seltenen EP Rímur, auf welcher sie 2001 mit dem isländischen Poeten Steindór Andersen kollaborierten.
Im Jahr 2000 traten Sigur Rós unangekündigt in dem kleinen Plattenladen japis in Reykjavík unter dem Pseudonym „WHM“ auf. Unter dem Vorwand, nur Coversongs von bekannteren lokalen Bands spielen zu wollen, „coverten“ sie ihre eigenen Stücke; das Konzert war gratis. WHM war ein Kürzel für „we hate music“.
Am 30. August 2000 gaben sie am Nationentag von Island auf der Expo 2000 in Hannover eines ihrer ersten Konzerte in Deutschland. Einen Auftritt in der amerikanischen David Letterman Show lehnten sie 2001 ab, da die Produzenten ihnen nur etwa drei Minuten Spielzeit zur Verfügung stellten, was bei den Ausmaßen ihrer Songs als unmöglich erscheint. Stattdessen traten sie bei der Late Late Show mit Craig Kilborn und bei Last Call mit Carson Daly auf, wo sie mehr Zeit bekamen.
2001 spielten sie zur Eröffnung des Gay Pride in Reykjavík vor 12.000 Zuschauern, der mit bis zu 40.000 Besuchern in den folgenden Jahren zum besucherstärksten Ereignis Islands wurde.
Sigur Rós nahmen das nächste Album in einem ehemaligen Schwimmbad in der ländlichen Gegend Álafoss nahe Reykjavík auf. Das Schwimmbad wurde von der Band aufgekauft, renoviert und zu einem Studio umgewandelt. Diese Arbeiten gestalteten sich sehr aufwendig. Unter anderem musste ein Teil des Daches geöffnet werden, um das Mischpult mit einem Kran in das Studio zu heben. Die Band nutzte ihr Studio, das den Namen sundlaugin (deutsch „Das Schwimmbad“) erhielt, bis 2009.
Das zunächst namenlose Album kam 2002 heraus. Der Gesang auf dem Album vollzieht sich in einer melodischen, nicht-existenten Phantasie-Sprache, die Sigur Rós vonlenska (dt. Hoffnungsländisch) nannten. Sowohl das Album als auch die Titel waren ursprünglich ohne Namen, später gab man den Songs die Namen untitled 1–8, das Album erhielt wegen der Abbildungen auf dem Cover, die Klammern gleichen, den Namen ( ). Der Klang des Albums wurde wieder minimalistischer und ruhiger. Als Ausnahme gilt der 12-minütige Titel Untitled 8, der crescendo verläuft und in einem lauten, dynamischen Ausbruch endet. ( ) gilt als das „geisterhafte“ Album der Band und war trotz seiner „Unzugänglichkeiten“ sehr erfolgreich.
2003 verpflichtete Merce Cunningham die Band, für sein Tanzstück Split Sides die Musik zu komponieren. Außer Sigur Rós waren auch Radiohead beteiligt. Ergebnis war die teilweise sehr experimentelle Musik auf der 2004 erschienenen EP Ba Ba Ti Ki Di Do (Radioheads Beitrag blieb unveröffentlicht). Anfang 2005 schrieben Sigur Rós außerdem ein Stück zur Tanzaufführung des Royal Danish Ballet zu Hans Christian Andersens Little Match Girl.
Das am 12. September 2005 erschienene Album hat den Namen Takk... (Isländisch für „Danke“), der gewählt wurde, um den Fans dafür zu danken, dass es der Band mit dem Kauf der vorhergehenden Alben möglich gemacht wurde, von der Musik zu leben. Es ist zunehmend offener, freundlicher und auch eingängiger als seine Vorgänger.
Es folgten die Singles Glósóli und Hoppípolla, bis schließlich am 10. Juli 2006 die EP Sæglópur mit drei neuen Songs (Refur, Ó Fridur und Kafari) erschien.
Ebenfalls im Juli 2006 beendeten Sigur Rós ihre Welttournee, die sie nach Europa, die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Hong Kong und Japan führte. Es folgten Live-Open-Air-Auftritte in Island.
Seit Januar 2007 arbeitete Sigur Rós an einem neuen Album, das noch im selben Jahr veröffentlicht wurde. Dabei handelt es sich um ein Doppelalbum namens Hvarf-Heim (isl. „Verschwinden“/„Hafen“-„Zuhause“). Hvarf beinhaltet Studioaufnahmen von den bisher unveröffentlichten Songs Salka, Hljómalind, Í gær und eine neue Version von den Liedern Von und Hafsól, welche ursprünglich von ihrem Debüt-Album Von stammen. Auf Heim dagegen sind Akustikversionen von Samskeyti, Starálfur, Vaka, Ágætis byrjun, Heysátan und Von zu hören. Als Single wurde Hljómalind veröffentlicht.
Darüber hinaus veröffentlichten Sigur Rós zeitgleich eine DVD (Heima, isl. für „zuhause“) mit Aufnahmen ihrer vorjährigen Island-Tour und einer Dokumentation Islands. Regisseur Dean DeBlois verband dafür Aufnahmen der Insel mit Auftritten der Band. CD und DVD erschienen in Deutschland am 2. November 2007. Sigur Rós haben seitdem über zwei Millionen Alben weltweit verkauft.
Ende Mai 2008 wurde auf der Bandhomepage die weltweite Veröffentlichung des Albums Með suð í eyrum við spilum endalaust (dt. „Mit einem Brummen in den Ohren spielen wir endlos [weiter]“) zum 23./24. Juni 2008 angekündigt. Mit All Alright befindet sich erstmals ein englischsprachiges Lied auf einem Album. Es wurde in den Londoner Abbey Road Studios aufgenommen. Am 27. Mai 2008 wurde auf der Homepage das Video Gobbledigook veröffentlicht; etwa zeitgleich stand das vollständige Album dort als kostenlose Streaming-Version zur Verfügung. Als bisher einzige Single wurde Inní mér syngur vitleysingur veröffentlicht.
Im Mai 2009 gab die Band bekannt, dass sie ein neues Album nahezu fertig aufgenommen hat. Die Songs sollten wieder etwas ruhiger und atmosphärischer sein als auf Með suð í eyrum við spilum endalaust oder Takk.... Schlagzeuger Orri hat die Musik als „melodisch, aber weit weniger noisy und mehr out there als frühere Alben“ beschrieben. Das Album sollte dennoch erst 2010 erscheinen.
Im Januar 2010 teilte Georg allerdings mit, dass Sigur Rós 2010 kein Album veröffentlichen werden, da alle Bandmitglieder (v. a. Jónsi) mit eigenen Projekten beschäftigt seien. Laut Jónsi wurden alle Aufnahmen wieder verworfen. Die Bandmitglieder haben ihr Studio und Proberaum verkauft und proben seitdem wieder in der Garage des Schlagzeugers.
Ende November 2011 erschien zunächst das Livealbum Inni.
Das sechste reguläre Studioalbum erschien Ende Mai 2012 und heißt Valtari. Ab dem Sommer 2012 folgte die erste Tournee seit 2008.
Um die Jahreswende 2012/2013 verließ Kjartan die Band, um sich seiner Familie und eigenen Musikprojekten zu widmen.
In der vierten Staffel der US-amerikanischen Fantasyserie Game of Thrones hat Sigur Rós in der im April 2014 gesendeten zweiten Folge mit dem Originaltitel The Lion and the Rose (deutscher Titel: Der Löwe und die Rose) einen Gastauftritt als Musikanten auf der Hochzeit König Joffrey Baratheons. Dort spielen sie einen kurzen Ausschnitt ihrer veränderten Version des Liedes The Rains of Castamere.
Siehe auch: Weitere Verwendung in Filmen und Serien
Mit ihrer sphärisch klingenden, teilweise von melancholischen Melodien geprägten Musik haben Sigur Rós seit über einem Jahrzehnt vor allem in Europa, aber auch in Nordamerika und in Japan beachtliche Erfolge erzielen können. Stilistisch sind sie am ehesten den weit interpretierbaren Bereichen Postrock, Shoegazing oder Ambient zuzuordnen. Sie selbst bezeichnen ihren Musikstil als Slo-Mo Rock (Slow-Motion Rock). Live werden Sigur Rós seit längerem vom Streichquartett Amiina begleitet, die auch im Vorprogramm auftreten. Dort tritt neuerdings auch Ólafur Arnalds auf.
Jónsi, der Sänger der Band, der seit seiner Geburt auf einem Auge blind ist, singt teilweise isländisch (Ágætis byrjun), teilweise aber auch auf vonlenska (von=Hoffnung, lenska=ländisch), einer selbst erfundenen Sprache, die er früher dazu benutzte, Gesangsmelodien zu komponieren, ohne gleich den gesamten Text schon fertiggestellt haben zu müssen. Sein Falsettgesang und seine spezielle Art, die Gitarre mit einem Cellobogen zu spielen, machen die Musik einzigartig.
Georg, der Bassist, machte eine Ausbildung zum Filmemacher, bevor er zur Band stieß. Er lebte für kurze Zeit in Großbritannien, weswegen sein Englisch auch weniger isländischen Akzent hat als das der anderen. Sein Spitzname ist „White Fang“ ("Weißer Reißzahn" – englischer Originaltitel des Romans Wolfsblut von Jack London), da er die Fähigkeit hat, Forellen mit den Zähnen aus Flüssen zu fangen.
Der Schlagzeuger Orri arbeitet hauptberuflich als Hausmeister. Kjartan, der Keyboarder, hat als einziges Bandmitglied Musik studiert. Er schloss im Mai 2007 seinen Bachelor an der Listaháskóli Íslands (isländische Akademie der Künste) ab. Er ist mit María von Amiina verheiratet. „Wir waren musikalisch vollkommen unbedarfte Amateure, die experimentierten und sich über jeden ungewöhnlichen Klang freuten. (...) So haben wir bewiesen, dass man kein ausgebildeter Musiker sein muss, um interessante Musik zu machen.“ Die Bandmitglieder lehnen es bisher ab, für Werbung oder Politik Musik zu machen.