Der Tölzer Knabenchor ist ein Knabenchor in München, der weltbekannt ist.

Tölzer Knabenchor
Sitz: München
Gründung: 1956
Gattung: Knabenchor
Gründer: Gerhard Schmidt-Gaden
Leitung: Christian Fliegner, Clemens Haudum
Stimmen: 200 (SATB)
Website: www.toelzerknabenchor.de

Geschichte

Der Tölzer Knabenchor wurde 1956 vom damals erst 19-jährigen Abiturienten Gerhard Schmidt-Gaden in Bad Tölz gegründet. Bereits im gleichen Jahr wurde er zu Rundfunkkonzerten eingeladen. 1957 folgte die erste Konzertreise nach Südtirol und Trient, 1960 eine Reise nach Luxemburg, Frankreich, England und Belgien. Seit 1963 war Carl Orff regelmäßiger Gast und Dirigent. Er spielte mit dem Chor sein Schulwerk ein. Ab den 1960er Jahren wirkte der Chor oder Solisten des Chors an Opernaufführungen mit. 1964 beteiligten sich zum ersten Mal Sänger des Chores an einer Aufführung der Zauberflöte.

Seit 1971 probt der Chor in der Landeshauptstadt München.

1973 erhielt Gerhard Schmidt-Gaden mit seinem Chor den deutschen Schallplattenpreis für seine gegen den Strich gebürstete Aufführung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach. 1984 und 1986 folgten Reisen nach Chicago, China und Japan. Seitdem ist der Chor weltweit bekannt. In Japan werden die Chorknaben Engel aus Bayern genannt und sind unter anderem Gegenstand von Mangas.

Der Chor hat seitdem Konzertreisen in alle Welt unternommen, unter anderem nach Japan, die Volksrepublik China, Israel, Polen und die USA. Er hat bei zahlreichen Festivals gesungen, unter anderem Bayreuther Festspiele, Berliner Festwochen, Bregenzer Festspiele, Händel-Festspiele Halle (Saale), Heinrich-Schütz-Fest Kassel, Ludwigsburger Schlossfestspiele, Münchner Opernfestspiele, Salzburger Festspiele, Schleswig-Holstein Musik Festival, Schwetzinger Festspiele, Wiener Festwochen.

Der Chor sang bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele 1972 im Olympiastadion München unter der Regie von Carl Orff beim traditionellen Gruß der Jugend, dargestellt von 3.500 Münchner Schulkindern, welcher in der ganzen Welt einen enormen Eindruck hinterließ. Auch bei der offiziellen Eröffnungszeremonie zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland am 9. Juni 2006 in der Allianz Arena in München unter der Regie von Christian Stückl wirkte der Chor mit. Ferner sang er auf dem Rollfeld am Flughafen München zur Verabschiedung des Papstes Benedikt XVI. von dessen Deutschlandbesuch im September 2006. Hocherfreut dankte dieser allen Knaben und dem künstlerischen Leiter persönlich.

Der Autor Christopher Kloeble, der von 1988 bis 1994 im Chor sang, berichtete von seelischen Misshandlungen durch den damaligen Chorleiter Schmidt-Gaden. Ein anderer Chorknabe bestätigte für diese Zeit die Atmosphäre von Angst, Demütigung und emotionaler Gewalt bis hin zu Ohrfeigen.

Von 2009 bis 2014 war Ralf Ludewig künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Chores. 2014 wurde er von Schmidt-Gaden während einer China-Tournee aufgrund schwerwiegender Meinungsverschiedenheiten zu Personalführung und künstlerischer Leitung entlassen. Seit September 2014 sind die Gesangspädagogen Christian Fliegner und Clemens Haudum die musikalisch-künstlerischen Leiter des Tölzer Knabenchores. Beide waren langjährige Mitarbeiter im Stab um Schmidt-Gaden, der in seiner Rolle als künstlerischer Mentor weiterhin die Fäden in der Hand behielt. Seine Ehefrau Helga kümmerte sich wie bisher um wirtschaftliche Angelegenheiten, während Tochter Barbara Schmidt-Gaden als künstlerische und betriebstechnische Koordinatorin hinzukam.

Seit 2014 richtet der Chor ein Knabenchorfestival in Bad Tölz aus, bei dem international bekannte Chöre wie der Wiener Sängerknaben, den Augsburger Domsingknaben, den Zürcher Sängerknaben und den Wiltener Sängerknaben auftreten. Chormanager Anselm Sibig, der das Festival ins Leben gerufen hatte, wurde 2016 abberufen und durch Barbara Schmidt-Gaden ersetzt.

Talentförderung und Ausbildung im Chor

Der Gesamtchor besteht aus rund 200 Knaben, die in vier Einzelchören ausgebildet werden. Chor I, mit den besten und erfahrensten Sängerknaben, ist der Konzertchor. Chor II tritt ebenfalls in gelegentlichen öffentlichen Konzerten auf. In ihm werden die Knaben auf die Konzertreife und auf Chor I vorbereitet. Die Eignungsprüfungen beginnen in der ersten Klasse bei vielen Schulen im Münchner Umland. Dem Chor ist kein Internatsbetrieb angeschlossen. Die Kinder werden in Chor- und Solostunden individuell gefördert und so ihre Begeisterung und Leidenschaft für die Musik geweckt. Insgesamt betreuen acht Chorleiter und Gesangspädagogen die Kinder. Das Ausbildungsprinzip im Chor sieht vor, dass jedes einzelne Kind in der Lage ist, solistisch zu singen. So ist der Chor beispielsweise in der Lage, Oratorien von Bach in einer kleinen Besetzung zur Aufführung zu bringen.

Repertoire

Der Chor oder einzelne Sänger des Chores wirken jährlich bei fast 250 nationalen und internationalen Konzerten und Opernaufführungen mit, beispielsweise bei den Salzburger Festspielen und den Opernfestspielen München.

Das Repertoire des Chores umfasst Vokalmusik vom Mittelalter bis in die Moderne, Volkslieder, Madrigale und Motetten, Kirchenmusik von Barock bis Klassik, Solorollen und Kinderchöre für Opern. Legendär sind bereits die Besetzungen der „Drei Knaben“ in der Zauberflöte bei mehr als 2000 Inszenierungen.

Die Solisten werden seit mehr als vier Jahrzehnten an allen Opernbühnen und Konzertpodien der Welt engagiert. Auch bei den großen Festivals die Solisten regelmäßig zu Gast. Viele der besten Dirigenten haben bisher mit den Solisten des Tölzer Knabenchores gearbeitet, so u. a. Daniel Barenboim, Leonard Bernstein, Karl Böhm, Ivor Bolton, Herbert von Karajan, Mariss Jansons, James Levine, Zubin Mehta, Riccardo Muti, Sir Simon Rattle, Wolfgang Sawallisch, Sir Georg Solti und Marcello Viotti.

Das Opernbühnen- und Konzertrepertoire der Solisten des Tölzer Knabenchores beinhaltet u. a. Amore aus Claudio Monteverdis „Orfeo“, „Il ritorno d´Ulisse“ und „L´incoronazione di Poppea“, die Drei Knaben aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Zauberflöte“ und Apollo, Hyazinth, Melia, Zephyrus aus „Apollo und Hyazinth“, Waldvogel aus Richard Wagners „Siegfried“ und Hirtenknabe aus „Tannhäuser“, Yniold aus Claude Debussys „Pelleas und Melisande“, Amore aus Christoph Willibald Glucks „Orfeo ed Euridice“, Miles aus Benjamin Brittens „Turn of the Screw“, 18 Knaben-Solisten aus Jörg Widmanns „Das Gesicht im Spiegel“, Young Joseph aus Hans Zenders „Chief Joseph“, sowie Leonard Bernstein „Chichester Psalms“, Gabriel Fauré „Requiem“, Gustav Mahler „Klagendes Lied“, Felix Mendelssohn Bartholdy „Elias“, 4 Edelknaben von Wagners Tannhäuser

Der Chor sang schon mit zahlreichen namhaften Orchestern, wie Berliner Philharmoniker, Concertgebouw-Orchester Amsterdam, Israel Philharmonic Orchestra, Münchner Philharmoniker, Orchester der Bonner Beethovenhalle, Sächsische Staatskapelle Dresden und Wiener Philharmoniker. Besonders gerne erinnert sich Gerhard Schmidt-Gaden an die Aufnahme der Bach'schen Kantaten und Oratorien gemeinsam mit Nikolaus Harnoncourt.

Mit seinen volkstümlichen Liedern ist der Chor auch bei zahlreichen Musiksendungen im Fernsehen zu Gast.

Auszeichnungen

  • 1973 Deutscher Schallplattenpreis für: Johann Sebastian Bach, Weihnachtsoratorium
  • 2003 ECHO-Klassik, Diapason d’or und Choc du Monde de la Musique für: Orlando di Lasso, Bußpsalmen Davids
  • 2007 Diapason d’or für: Johann Sebastian Bach, Johannespassion (DVD)

Bekannte ehemalige Tölzer Knaben

  • Die Bergkameraden, Volksmusikgruppe
  • Gregor Bürger (* 1976), Saxophonist
  • John Friedmann (* 1971), Schauspieler
  • Stefan Günther (* 1979), Synchronsprecher
  • Benjamin Grund (* 1980), Schlagersänger (Tenor), Komponist, Produzent
  • Johannes Hauer (* 1984), Schauspieler
  • Tobi Hofmann (* 1973), Jazzmusiker, Schauspieler
  • Markus Huber (* 1968), Dirigent
  • Christopher Kloeble (* 1982), Schriftsteller
  • Christian Fliegner (* 1976), Tenor, Künstlerischer Leiter
  • Barbara Schmidt-Gaden (* 1971), Sängerin (Mezzosopran), Tochter des Chorgründers
  • Christian Immler (* 1971), Sänger (Bass)
  • Reinhold Hoffmann (* 1964), Komponist, Haindling-Mitglied
Quelle: Wikipedia